MICHAEL Rechtsanwaelte

LAG Berlin-Brandenburg: „Kleinbetrieb-Arbeitgeber“ kann seiner Ehefrau wegen Scheidungsverfahrens kündigen

von Christoph Wink
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Mit Urteil vom 09.05.2008 hat das LAG Berlin-Brandenburg (6 Sa 598/08) entschieden, dass ein Arbeitgeber eines Kleinbetriebs gegenüber seiner Ehefrau, von der er sich scheiden läßt, eine Kündigung aussprechen darf. Ein Verstoss gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) werde hierdurch nicht begründet.

     
Die Klägerin war rund acht Jahre in dem Betrieb ihres Ehegatten tätig; das Unternehmen beschäftigte regelmäßig weniger als fünf Arbeitnehmer. Nach geraumer Zeit der Trennung und Einleitung des Scheidungsverfahrens kündigte der Ehemann das Arbeitsverhältnis.

In dem gegen ihre Kündigung gerichteteten Verfahren führte die Klägerin an, ihr Mann habe es an jeder sozialen Rücksichtnahme ihr gegenüber fehlen lassen. So seien noch Kolleginnen eingestellt worden (eine von diesen sei mit 30 Jahren deutlich jünger als sie), was zeige, dass ein entsprechender Beschäftigungsbedarf vorhanden gewesen sei. Allein der Umstand, dass sie in Scheidung vom Beklagten lebe, könne die Kündigung nicht rechtfertigen, sondern stelle einen Verstoß gegen den Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG dar.

   

Das LAG hat die Kündigung für rechtswirksam erklärt:

„… Aufgrund der geringen Beschäftigtenzahl stand das Arbeitsverhältnis der Klägerin gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG nicht unter Kündigungsschutz.

… 

Dass sich der Beklagte von der Klägerin mit Rücksicht auf ihr Getrenntleben und die bevorstehende Scheidung hat trennen wollen, war ebenfalls nicht treuwidrig. Es erschien vielmehr verständlich, wenn der Beklagte in seinem Kleinbetrieb nicht mehr die Grundlage für eine persönliche Zusammenarbeit mit der Klägerin als gegeben erachtete. Daran änderte auch die bei der Auslegung des § 242 BGB zu berücksichtigende Gewährleistung von Ehe und Familie in Art. 6 Abs. 1 GG nichts. Dass überhaupt nur ein Arbeitnehmer, der mit seinem Arbeitgeber verheiratet (gewesen) ist, im Zusammenhang mit einer Trennung in die Situation geraten kann, wegen der damit verbundenen persönlichen Spannungen entlassen zu werden, läuft dem Schutz der Ehe gerade nicht zuwider.“

     

Hintergrund der Entscheidung:

Der Kündgungsschutz des KSchG greift in Betrieben nach § 23 KSchG erst ab einer Zahl oberhalb von 10 Arbeitnehmern ein (bis zur Gesetzesnovelle am 01.01.2004 lag der Schwellenwert noch bei „mehr als 5 Arbeitnehmern“). Werden in dem Unternehmen weniger Arbeitnehmer beschäftigt, spricht man von einem „Kleinbetrieb“. In solchen Kleinbetrieben kann grundsätzlich ohne Vorliegen eines Grundes (personenbedingt, verhaltensbedingt, betriebsbedingt im Sinne des KSchG) eine Kündigung ausgesprochen werden.

Anerkannt ist in der Rechtsprechung indes, dass eine Kündigung gleichwohl unwirksam sein kann, wenn diese einen Verstoß gegen Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB darstellt. Dies hat das LAG in der vorliegenden Konstellation jedoch mit klaren Worten abgelehnt – in einem Kleinbetrieb darf sich der Ehemann, der sich privat von seiner Ehefrau trennt, auch arbeitsrechtlich trennen.

  

Linkhinweis:

Das Urteil kann im Volltext über die Internetpräsenz des LAG Berlin-Brandenburg abgerufen werden.

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