Keine Verfügung über gefrorenes Sperma des verstorbenen Sohnes zum Zwecke der Fortführung der genetischen Linie!
„Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens…“
So heißt es in Art. 8 Abs. 1 der europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).
Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EuGHMR) hat sich in seiner Entscheidung vom 05.12.2019 mit der Frage beschäftigt, welche Schutzwirkung der Art. 8 EMRK entfaltet.
Die Richter hatten über die Klage einer Französin zu entscheiden, die über das eingefrorene Sperma ihres verstorbenen Sohnes verfügen wollte. Der Sohn habe sich zu Lebzeiten, nachdem er von einer tödlichen Krankheit erfahren habe, gewünscht, Vater zu werden. Zu diesem Zweck hat er sein Sperma einfrieren lassen.
Nachdem der Sohn der Klägerin dann seiner Krankheit erlegen war, beabsichtigte die Mutter des Verstorbenen seinem Wunsch dadurch Geltung zu verschaffen, dass sie das in einem Pariser Krankenhaus deponierte Sperma in eine Gesundheitseinrichtung nach Israel überführen lassen wollte, die zur Durchführung medizinisch unterstützter Fortpflanzung zugelassen sei, um eine Fortpflanzung z.B. im Wege einer Leihmutterschaft zu ermöglichen.
Der zuständige Leiter der Klinik in Paris lehnte den Antrag der Klägerin zur Überführung ab. Ein hiergegen gerichteter Eilantrag beim Verwaltungsgericht in Paris blieb ebenfalls erfolglos.
Auch die Klage vor dem EuGHMR blieb ohne Erfolg.
Die Richter stellten heraus, dass das von der Klägerin geltend gemachte Recht, nämlich die Entscheidung des Sohnes wie und wann er Elternteil werde, zur Kategorie der nicht übertragbaren Rechte gehöre und die Klägerin daher nicht geltend machen könne, dass sie im Namen ihres Sohnes Opfer einer Verletzung der EMRK geworden sei.
Darüber hinaus garantiere Art. 8 der EMRK kein Recht auf Großelternschaft, gleichwohl die Richter das Motiv der Klägerin, die genetische Linie fortzuführen, als wertvoll erachteten.
Das Gericht hat den vorgetragenen Anspruch der Klägerin daher zurückgewiesen.
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