LG Düsseldorf: Toll Collect GmbH obsiegt im Streit mit Transportunternehmerverbänden
Die für Kartellstreitsachen zuständige 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf hat durch ein am Mittwoch (10. Mai 2006) verkündetes Urteil die Klage von 18 Landesverbänden der Unternehmen des Deutschen Güterkraftverkehrsgewerbes und 14 Verbänden des Transport- und Logistikgewerbes einzelner Mitgliedstaaten der Europäischen Union gegen die Toll Collect GmbH abgewiesen.
Gegenstand des Rechtsstreites war im Wesentlichen die Frage, ob die Beklagte durch die Änderung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum 28. Dezember 2004, den Ausspruch von Kündigungen aufgrund des Widerspruchs von Transportunternehmen gegen die Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie durch die „Drohung“ mit der Kündigung eine marktbeherrschende Stellung missbraucht hat und den klagenden Transportverbänden aus diesem Grunde entsprechende Unterlassungsansprüche zustehen.
Die 12. Zivilkammer hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die im Rahmen des von der Beklagten bereitgestellten Mautsystems durchgeführte Gebührenerhebung sei keine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Kartellrechts. Bei der Bereitstellung des Mautsystems handle es sich um eine mit der Erhebung der öffentlich-rechtlichen Mautgebühren unmittelbar in Zusammenhang stehende Tätigkeit; die Bereitstellung des Mautsystems stelle eine unabdingbare Voraussetzung für die originär hoheitliche Mautgebührenerhebung dar.
Zwar sei auch der Staat grundsätzlich überall dort als Unternehmen zu behandeln, wo er sich, gleich in welcher Form, durch das Angebot von wirtschaftlichen Leistungen oder durch die Nachfrage nach solchen Leistungen wirtschaftlich betätigt. Hier liege indessen im Verhältnis zwischen der Beklagten und den Transportunternehmen keine auf das Angebot von wirtschaftlichen Leistungen oder auf die Nachfrage nach solchen Leistungen gerichtete Tätigkeit vor. Die von der Beklagten geschaffene Möglichkeit, die Maut mittels des von ihr angebotenen Systems zu entrichten, beinhalte nicht eine wirtschaftliche Leistung gegenüber den Transportunternehmen. Diese träten der Beklagten auch nicht als „Nachfrager“ im Sinne des Kartellrechts gegenüber, sondern als aufgrund Gesetzes zur Entrichtung der Mautgebühr verpflichtete Gebührenschuldner.
Der Umstand, dass die originär hoheitliche Mautgebührenerhebung über die privatrechtlich organisierte Beklagte erfolgt, die wiederum in ein privatrechtlich ausgestaltetes Rechtsverhältnis zu den Gebührenschuldnern – dies unter Zugrundelegung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen – trete, mache die Tätigkeit der Beklagten gegenüber den Transportunternehmen nicht zu einer unternehmerischen Tätigkeit im Sinne des Kartellrechts. Die Beklagte nehme vielmehr durch ihre Mitwirkung bei der Mautgebührenerhebung eine Aufgabe von allgemeinem öffentlichen Interesse wahr. Im Übrigen sei die Klage selbst dann unbegründet, wenn zugunsten der Kläger die Anwendbarkeit des Kartellrechts unterstellt werde.
Die Androhung gegenüber den Transportunternehmen, das bestehende Vertragsverhältnis zu kündigen, wenn die geänderten Geschäftsbedingungen von den Transportunternehmen nicht akzeptiert würden, stelle kein missbräuchliches Verhalten dar. Denn der Beklagten sei es trotz ihrer Stellung als einziges mit der Mautgebührenerhebung betrautes Unternehmen nicht verwehrt, gegenüber den Transportunternehmen Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden. Erfolge – wie im vorliegenden Fall – die Kündigungsdrohung bzw. Kündigung unter der Voraussetzung, dass die Transportunternehmen die geänderten Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht akzeptieren, so liege kein Behinderungsmissbrauch durch Zugangsverweigerung vor. Denn der Zugang werde den Transportunternehmen nicht generell verwehrt, sondern von der Einhaltung bestimmter Konditionen abhängig gemacht. Dies sei grundsätzlich zulässig.
Der Streitwert wurde auf 1,15 Mio. Euro festgesetzt. –
Urteil vom 10. Mai 2006 [12 O 255/05 (Kart)]
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