MICHAEL Rechtsanwaelte

„Gelber Schein“ reicht oft nicht

 

Grundsätzlich kann ein Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit beim Arbeitgeber durch die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, des sogenannten gelben Scheins, nachweisen. Hierzu kann es jedoch Ausnahmen geben, sodass nur die Vorlage des gelben Scheins nicht ausreicht.

Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu jetzt entschieden: Kündigt ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis und wird er am Tag der Kündigung arbeitsunfähig geschrieben, kann dies den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung insbesondere dann erschüttern, wenn die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst. Dies bedeutet, dass die Vorlage der Arbeitsunfähigkeits-bescheinigung am Tag des Ausspruchs der Eigenkündigung des Arbeitnehmers nicht unbedingt ausreichend ist, um die Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen.

Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde:

Eine kaufmännische Angestellte, die in dem Unternehmen seit Ende August 2018 beschäftigt war, kündigte am 08.02.2019 ihr Arbeitsverhältnis zum 22.02.2019. Sie legte dem Arbeitgeber auch eine auf den 08.02.2019 datierte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, eine Erstbescheinigung, für den Zeitraum 08.02.2019 – 22.02.2019 vor, also genau für den Kündigungszeitraum.

Der Arbeitgeber weigerte sich, Entgeltfortzahlung für den Arbeitsunfähigkeitszeitraum zu leisten. Er begründete das damit, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genau die Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses nach der Eigenkündigung der Arbeitnehmerin abdecke. Aus diesem Grunde sei der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeits-bescheinigung erschüttert.

Die Arbeitnehmerin erhob Klage beim Arbeitsgericht und trug vor, sie sei ordnungsgemäß krankgeschrieben gewesen und habe vor einem Burn-out gestanden, sodass sie Anspruch auf Entgeltfortzahlung habe.

Sowohl das Arbeitsgericht als auch in zweiter Instanz das Landesarbeitsgericht haben der Zahlungsklage für den Zeitraum 08.02.2019 – 22.02.2019 stattgegeben und den Arbeitgeber entsprechend verurteilt.

Das Bundesarbeitsgericht hat in dritter Instanz, nachdem der Arbeitgeber Revision eingelegt hatte, anders entschieden und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin habe zwar die von ihr behauptete Arbeitsunfähigkeit zunächst mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesen, der Arbeitgeber habe diesen Beweis jedoch erschüttern können, da er tatsächliche Umstände dargelegt hat, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben.

Wenn der Arbeitgeber solche Umstände im Prozess vorträgt, so muss der Arbeitnehmer genau darlegen und beweisen, dass er arbeitsunfähig war, wobei dann der gelbe Schein nicht ausreicht. Der Arbeitnehmer kann diesen Beweis insbesondere durch die Vernehmung des behandelnden Arztes und dessen Befreiung von der ärztlichen Schweigepflicht erbringen. Hiervon hat die Klägerin jedoch im Prozess keinen Gebrauch gemacht, obwohl das Gericht sie konkret hierauf hingewiesen hat. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung konnte somit durch den Arbeitgeber dadurch erschüttert werden, dass die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit zeitlich genau mit der Dauer der Kündigungsfrist übereinstimmte und dadurch erhebliche Zweifel an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit bestanden.

In letzter Instanz wurde also die Klage der Arbeitnehmerin abgewiesen.

Wenn Sie arbeitsrechtliche Fragen haben, steht Ihnen Frau Rain Hansen-Strauß als Fachanwältin für Arbeitsrecht gern zur Verfügung!

Zu lange Kündigungsfrist wirksam!

 

Kündigt ein Arbeitgeber fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin und benennt als Beendigungstermin ein konkretes Datum mit versehentlich zu lang gewählter Kündigungsfrist, so ist er an diese Kündigungsfrist gebunden. Das Arbeitsverhältnis wird dann erst zu dem genannten Datum aufgelöst, auch wenn sich aus dem Kündigungsschreiben ergibt, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis schnellstmöglich beenden wollte.

Diese Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht Hamm im Jahre 2021 getroffen.

Folgender Fall lag der Entscheidung zugrunde:

Eine Arbeitnehmerin war seit dem 01.10.2014 bei einem privaten Arbeitgeber als Haushaltshilfe angestellt. Im Arbeitsvertrag hatte man vereinbart, dass die gesetzlichen Kündigungsfristen gelten.

Als im Haushalt des Arbeitgebers häufiger verschiedene Wertgegen­stände abhandenkamen, verdächtigte der Arbeitgeber die Arbeitsnehmerin des Diebstahls und hat das Arbeitsverhältnis am 14.02.2020 gekündigt. Das Kündigungsschreiben lautete:

 „Hiermit kündige ich das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin, das ist der 30.04.2020.“

Der Arbeitgeber hat hier die Kündigungsfrist falsch berechnet, da auf Beschäftigungs­verhältnisse in privaten Haushalten die verlängerten Kündigungsfristen keine Anwendung finden. Tatsächlich hätte das Arbeitsverhältnis bereits zum 15.03.2020 gekündigt werden können.

Die Arbeitnehmerin klagte gegen die Kündigung beim Arbeitsgericht.

Die fristlose Kündigung hielt das Arbeitsgericht für unwirksam, da der Arbeitgeber nicht beweisen konnte, dass die Arbeitnehmerin tatsächlich die Diebstähle begangen hatte. Jedoch konnte das Arbeitsverhältnis durch Urteil des Arbeitsgerichts aufgrund der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung wirksam beendet werden, aber erst zum 30.04.2020.

Damit war der Arbeitgeber nicht einverstanden und legte gegen das Urteil Berufung ein. Er vertrat die Auffassung, aufgrund der auch fristlos ausgesprochenen Kündigung sei doch erkennbar gewesen, dass das Arbeitsverhältnis frühestmöglich beendet werden sollte, deshalb müsse eine Umdeutung der genannten Kündigungsfrist erfolgen, und zwar vom 30.04.2020 auf den 15.03.2020.

Die Berufung des Arbeitgebers hat das LAG Hamm zurückgewiesen und die Entscheidung der ersten Instanz bestätigt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Arbeitgeber explizit den 30.04.2020 als Kündigungstermin in der Kündigung genannt hatte. Die Auslegung des Kündigungsschreibens könne nur zu dem Ergebnis führen, dass die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung erst zu diesem Datum das Arbeitsverhältnis beenden sollte.

Die Tatsache, dass der Arbeitgeber versehentlich eine zu lange Kündigungsfrist gewählt habe, könne nicht zulasten des Arbeitnehmers gehen.

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Einmal Home-Office heißt nicht immer Home-Office

 

Arbeitgeber darf Rückkehr aus Home-Office anordnen

Das LAG München hat entschieden, dass ein Arbeitgeber, der seinem Arbeitnehmer gestattet hat, seine Tätigkeit von zu Hause aus zu erbringen, grundsätzlich berechtigt ist, seine Weisung zu ändern, wenn sich später betriebliche Gründe herausstellen, die gegen eine Erledigung von Arbeiten im Home-Office sprechen.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Arbeitnehmer war als Grafiker in Vollzeit beschäftigt. Seit Dezember 2020 arbeiteten fast alle sonst im Büro tätigen Mitarbeiter aufgrund Erlaubnis des Geschäftsführers im Home-Office. Im Februar 2021 hatte der Arbeitgeber gegenüber einigen Mitarbeitern angeordnet, die Tätigkeit wieder im Büro zu erbringen.

Hiergegen ist der Grafiker gerichtlich vorgegangen und hat beim Arbeitsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt. Er beantragte, dass ihm der Arbeitgeber das Arbeiten aus dem Home-Office gestattet und diese Home-Office-Tätigkeit nur in Ausnahmefällen unterbrochen werden darf.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweilen Verfügung zurückgewiesen. Dies erfolgte mit der Begründung, dass sich ein Anspruch auf Arbeiten im Home-Office weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung ergebe. Es lasse sich aus keiner Vorschrift die Pflicht des Arbeitgebers herleiten, dem Kläger zu gestatten, weiterhin im Home-Office tätig zu sein. Die allgemeine Gefahr, sich auf dem Weg zur Arbeit mit Covid 19 anzustecken und das allgemeine Infektionsrisiko am Arbeitsort und in der Mittagspause würden einer Verpflichtung des Klägers zum Erscheinen im Büro nicht entgegenstehen.

Der Kläger legte gegen diese Entscheidung Rechtsmittel beim LAG München ein.

Dies hat jedoch die Entscheidung der I. Instanz bestätigt und darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber unter Wahrung billigen Ermessens den Arbeitsort durch Weisung neu bestimmen durfte. Der Arbeitsort war weder im Arbeitsvertrag noch kraft späterer ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung der Parteien auf die Wohnung des Verfügungsklägers festgelegt. Das Recht, die Arbeitsleistung von zu Hause zu erbringen, habe auch schon im Februar 2021 auf Grund der Coronaarbeits­schutzverordnung nicht bestanden. Nach dem Willen des Verordnungsgebers soll diese Vorschrift kein subjektives Recht auf Home-Office vermitteln.

Im vorliegenden Fall hätten auch zwingende betriebliche Gründe der Ausübung der Tätigkeit in der Wohnung entgegengestanden; denn die technische Ausstattung am häuslichen Arbeitsplatz habe nicht der am Bürostandort entsprochen.

Der Antrag des Arbeitnehmers wurde auch in II. Instanz rechtskräftig zurückgewiesen.

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Fristlose Kündigung nach unbefugter Weitergabe fremder Daten

 

Liest eine Arbeitnehmerin, die im Rahmen ihrer Aufgaben Zugriff auf den PC und das E-Mail-Konto ihres Arbeitgebers hat, unbefugt eine an ihren Vorgesetzten gerichtete E-Mail und fertigt von dem Anhang einer offensichtlich privaten E-Mail eine Kopie an, die sie an eine dritte Person weitergibt, so rechtfertigt dies eine fristlose Kündigung.

Dies hat das Landesarbeitsgericht Köln Ende letzten Jahres entschieden.

Folgender Sachverhalt lag dem Urteil zugrunde:

Eine Verwaltungsmitarbeiterin, die seit 23 Jahren bei der Evangelischen Kirchen­gemeinde tätig ist, hatte für ihre Buchhaltungsaufgaben auch Zugriff auf den Dienstcomputer des Pastors. In diesem Computer nahm sie eine E-Mail zur Kenntnis, die den Pastor auf ein gegen ihn gerichtetes Ermittlungsverfahren hinwies und zwar wegen des Verdachts sexueller Übergriffe auf eine im Kirchenasyl der Gemeinde lebende Frau. Im E-Mail-Konto fand die Mitarbeiterin als Anhang einer privaten E-Mail einen Chat-Verlauf zwischen dem Pastor und der betroffenen Frau; diesen speicherte sie auf einem USB-Stick und schickte ihn anonym an einen ehrenamtlichen Mitarbeiter der Gemeinde. Nach Bekanntwerden dieses Vorfalls hat die Kirchengemeinde das Arbeitsverhältnis mit der Verwaltungsmitarbeiterin fristlos gekündigt.

Gegen die Kündigung hat die Mitarbeiterin Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhoben. Das Gericht gab der Klage statt mit der Begründung, das Verhalten stelle zwar einen an sich wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung dar, die jedoch unverhältnismäßig sei aufgrund des langen und bisher unbelastet verlaufenen Arbeitsverhältnisses.

Die Kirchengemeinde legte gegen dieses Urteil Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln ein, die auch Erfolg hatte. Anders als die I. Instanz sah nun die II. Instanz das notwendige Vertrauensverhältnis zu der Mitarbeiterin als unwiederbringlich zerstört an. In der unbefugten Kenntnisnahme und Weitergabe fremder Daten lag für das Gericht die Verletzung von Persönlichkeitsrechten sowie ein schwerwiegender Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht.

Die Klägerin hatte ihr Handeln zwar damit begründet, sie habe die im Kirchenasyl lebende Frau schützen und Beweise sichern wollen, dies wurde jedoch vom LAG Köln nicht als Rechtfertigungsgrund anerkannt. Angesichts der Schwere der Pflichtverletzung überwiege das Lösungsinteresse der Kirchengemeinde an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses deutlich das Weiterbeschäftigungsinteresse der Klägerin. Aus den vorstehenden Gründen hat das LAG Köln die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die fristlose Kündigung wurde somit als rechtmäßig angesehen.

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Der Weg vom Bett ins Home-Office ist gesetzlich unfallversichert

 

Ein Arbeitnehmer, der auf dem morgendlichen erstmaligen Weg vom Bett ins Home-Office stürzt, ist durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt.

Der Kläger im vorliegenden Verfahren, das durch das Bundessozialgericht in letzter Instanz entschieden wurde, befand sich auf dem Weg von seinem Schlafzimmer in das eine Etage tiefergelegene häusliche Büro, um dort seine Arbeit aufzunehmen. Er begann dort während der Zeit des Home-Offices immer unmittelbar zu arbeiten, ohne vorher zu frühstücken. Beim Beschreiten der Wendeltreppe rutschte er aus und brach sich einen Brustwirbel.

Die zuständige Berufsgenossenschaft, die er daraufhin auf Leistungen in Anspruch nehmen wollte, lehnte jegliche Leistung aus Anlass des Unfalls ab. Der Kläger hat daraufhin Klage beim Sozialgericht erhoben, das dem Kläger Recht gab.

Die beklagte Berufsgenossenschaft hat jedoch Rechtsmittel eingelegt gegen das Urteil. Die zweite Instanz, das Landessozialgericht, hat anders entschieden und die Klage abgewiesen. Es stufte den Vorfall als unversicherte Vorbereitungshandlung für die eigentliche Arbeitsaufnahme ein.

Der Kläger verfolgte sein Klageziel jedoch weiter durch die Einlegung der Revision.

Diese begründete er damit, dass nicht zuletzt in Anbetracht der aktuellen Pandemie-Lage viele Menschen im Home-Office arbeiten. Diese dürften hinsichtlich des Schutzes der gesetzlichen Unfallversicherung nicht schlechter gestellt sein als solche Arbeitnehmer, die im Betrieb arbeiten.

In letzter Instanz hat dann das Bundessozialgericht die Entscheidung des Sozialgerichts in erster Instanz bestätigt, sodass der Kläger Anspruch auf Leistungen hat.

Das Bundessozialgericht hat die Nutzung der Treppe ins Home-Office so eingestuft, dass es einer erstmaligen Arbeitsaufnahme diente und deshalb als Betriebsweg versichert ist.

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Teilzeitanspruch während der Elternzeit per einstweiliger Verfügung

 

Der Anspruch einer Arbeitnehmerin auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit ist rechtlich durch die Beantragung einer einstweiligen Verfügung durchsetzbar.

Dies hat das Landesarbeitsgericht Köln jüngst entschieden.

Die Arbeitnehmerin, im Prozess die Klägerin, befand sich nach der Geburt ihres Kindes seit dem 20.06.2020 in Elternzeit, die am 24.04.2022 enden sollte.

Sie beantragte am 19.02.2021 während der Elternzeit bei ihrem Arbeitgeber die Teilzeitbeschäftigung ab dem 01.05.2021 bis zum 24.04.2022.

Der Arbeitgeber, im Prozess der Beklagte, lehnte diesen Antrag jedoch ab mit der Begründung, es bestehe für die Klägerin keine Beschäftigungsmöglichkeit.

Die Klägerin hat daraufhin beim Arbeitsgericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Das Gericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die Klägerin hat sofortige Beschwerde eingelegt.

Das LAG Köln hat in II. Instanz dem Antrag der Kläger stattgegeben.

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass ein Verfügungsanspruch der Klägerin bestehe, weil sie die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit glaubhaft gemacht habe. Zwar könne der Arbeitgeber dem Antrag entgegentreten durch den Hinweis auf dringende betriebliche Gründe, die ebenfalls glaubhaft zu machen seien. Es genüge jedoch nicht die bloße Behauptung, es bestehe keine Beschäftigungsmöglichkeit, sondern die der Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen müssten genau bezeichnet sein.

Es bestehe auch für eine einstweilige Verfügung ein Verfügungsgrund, den die Klägerin glaubhaft gemacht habe. Sie hatte vorgetragen, sie müsse bei einer weiteren Abwesenheit vom Arbeitsplatz konkret befürchten, dass an ihrer Stelle andere Arbeitnehmer gefördert würden und sie auf ein Abstellgleis gerate.

Aus den vorliegenden Gründen hat das LAG Köln dem Antrag der Klägerin stattgegeben, weil die Voraussetzungen für eine einstweilige Verfügung gegeben waren.

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Kürzung des Urlaubs bei „Kurzarbeit Null“

 

Während der Corona-Pandemie galt in einigen Betrieben für mehrere Monate „Kurzarbeit Null“.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat jetzt entschieden, dass bei „Kurzarbeit Null“ keine Urlaubsansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz entstehen. Der Arbeitgeber kann den Jahresurlaub dann anteilig kürzen, und zwar für jeden vollen Monat der „Kurzarbeit Null“ um 1/12.

Dieser Entscheidung lag nachfolgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin, seit vielen Jahren als Verkäuferin für Backwaren bei der Beklagten in Teilzeit tätig, hatte Anspruch auf 14 Urlaubstage pro Jahr.

Ab dem 01.04.2020 hatte der Arbeitgeber, der Beklagte, „Kurzarbeit Null“ angeordnet für die Monate Juni 2020, Juli 2020 und Oktober 2020, und zwar durchgehend.

Im August 2020 und September 2020 hatte der Beklagte der Klägerin insgesamt 11,5 Arbeitstage Urlaub gewährt. Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Kurzarbeit habe keinen Einfluss auf ihre Urlaubsansprüche und verlangte für das Jahr 2020 den ungekürzten Urlaub, also noch offene 2,5 Urlaubstage. Der Arbeitgeber vertrat die Auffassung, er habe den Urlaubsanspruch mit der Gewährung von 11,5 Arbeitstagen bereits erfüllt und hätte sogar eine Kürzung von 3,5 Tagen vornehmen können.

Das Arbeitsgericht Essen hat die Klage abgewiesen, ebenso das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in II. Instanz.

Das Gericht stellte fest, dass aufgrund der „Kurzarbeit Null“ in den Monaten Juni 2020, Juli 2020 und Oktober 2020 die Klägerin keine Urlaubsansprüche erworben hat. Für jeden vollen Monat der „Kurzarbeit Null“ war deshalb der Urlaub um 1/12 zu kürzen. Auch der Umstand, dass die Kurzarbeit der Klägerin durch die Corona-Pandemie veranlasst war, ändere nichts.

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Corona: Kein Entschädigungsanspruch für Arbeitgeber bei Quarantäneanordnung?

 

Grundsätzlich hat ein Arbeitgeber einen Anspruch auf eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz, wenn ein Arbeitnehmer in Quarantäne ist und die Vergütung weitergezahlt wird.

Anders verhält es sich jedoch, wenn der Arbeitnehmer während der Quarantäne einen Entgeltfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber hat.

Diese Entscheidung hat das Verwaltungsgericht Koblenz am 10.05.2021 getroffen.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Bei einer Firma befanden sich aufgrund einer infektionsschutzrechtlichen Anordnung zwei ansteckungsverdächtige Mitarbeiter in häuslicher Quarantäne.

Der Arbeitgeber, im vorliegenden Fall der Kläger, beantragte beim Land die Erstattung von Entschädigungszahlungen, die er während der Zeit der Quarantäne an die Mitarbeiter für deren Verdienstausfall geleistet hatte.

Das Land hat jedoch lediglich für die Zeit ab dem sechsten Tag der Quarantäne eine Erstattung vorgenommen und sich darauf berufen, die Arbeitnehmer hätten gegenüber dem Arbeitgeber für die ersten fünf Tage der Quarantäne einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Der Arbeitgeber hat daraufhin das Land verklagt; das Verwaltungsgericht Koblenz hat in I. Instanz die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt es aus, zwar habe ein Arbeitgeber, der im Falle der Quarantäne eines Arbeitnehmers Lohnfortzahlung leiste, nach dem Infektionsschutzgesetz einen Anspruch auf Erstattung dieser Leistungen. Dies sei jedoch nicht der Fall, wenn dem Arbeitnehmer trotz seiner Verhinderung an der Ausübung seiner Tätigkeit gegen seinen Arbeitgeber ein Entgeltfortzahlungs­anspruch zustehe. Gemäß § 616 S. 1 BGB bestehe ein Anspruch auf Entgeltfort­zahlung, wenn der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen, in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert sei.

Dies sei im vorliegenden Fall gegeben. Bei den behördlichen Quarantäne-Anordnungen, die aufgrund eines Ansteckungsverdachts der Arbeitnehmer der Klägerin ergangen seien, handele es sich um ein in deren Person liegendes Leistungshindernis.

Für die Beurteilung sei in erster Linie das Verhältnis zwischen der Dauer des Arbeitsverhältnisses und der Dauer der Arbeitsverhinderung maßgeblich.

Da die Mitarbeiter der Klägerin in der Firma bereits wesentlich länger als ein Jahr beschäftigt seien, habe diesen ein Entgeltfortzahlungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber zugestanden. Dies schließe somit einen Entschädigungsanspruch der Klägerin gegenüber dem Land für die ersten fünf Tage aus.

Die Parteien haben die Möglichkeit, gegen dieses Urteil noch Rechtsmittel einzulegen.

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Zeiterfassung per Fingerabdruck?

 

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat am 04.06.2020 entschieden, dass ein Arbeitnehmer nicht zu einer Zeiterfassung per Fingerabdruckscanner verpflichtet ist.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Mitarbeiter, später Kläger, ist in einer radiologischen Praxis als medizinisch-technischer Assistent beschäftigt. Der Arbeitgeber führte ein Zeiterfassungssystem ein, das mit einem Fingerabdruckscanner bedient wird. Das System verarbeitet nicht den Fingerabdruck als Ganzes, sondern die Fingerlinienverzweigungen. Der Mitarbeiter lehnte eine Benutzung dieses Systems ab, sodass der Arbeitgeber ihm deshalb eine Abmahnung erteilte. Gegen diese Abmahnung hat der Mitarbeiter Klage beim Arbeitsgericht erhoben und verlangt, dass die Abmahnung aus seiner Personalakte entfernt wird. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen.

Auf die Berufung der Beklagten hat in II. Instanz das Landesarbeitsgericht die Berufung zurückgewiesen und entschieden, dass der Arbeitnehmer dieses Zeiterfassungssystem nicht nutzen muss. Auch wenn das System nur Fingerlinienverzweigungen verarbeitet, handle es sich um biometrische Daten. Eine Verarbeitung solcher Daten sei nach Artikel 9 Absatz 2 DSGVO nur ausnahmsweise möglich. Im vorliegenden Fall könne auch ausgehend von der Bedeutung der Arbeitszeiterfassung nicht festgestellt werden, dass eine solche Erfassung unter Einsatz biometrischer Daten im Sinne dieser Bestimmungen erforderlich sei. Ohne Einwilligung des Arbeitnehmers sei deshalb die Erfassung nicht zulässig.

Die Weigerung der Nutzung stelle deshalb keine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers dar; er könne deshalb die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen.

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Versicherung haftet nicht für Betriebsschließung wegen Corona-Virus

 

Verspricht eine Betriebsschließungsversicherung Deckungsschutz für „nur die im Folgenden aufgeführten (vergleiche §§ 6 und 7 Infektionsschutzgesetz)“ Krankheiten und Krankheitserreger und sind weder Covid-19 noch SARS-CoV-2 genannt, besteht kein Versicherungsschutz bei Betriebsschließungen wegen des neuartigen Corona-Virus.

Die vorliegende Entscheidung hat das Oberlandesgericht Hamm am 15.07.2020 in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren entschieden. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Inhaber einer Gaststätte hatte mit einem Versicherungsunternehmen einen Vertrag über eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen. Dies erfolgte noch vor den Änderungen der Rechtslage in diesem Jahr, insbesondere vor dem 23.05.2020 (dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Änderung des Infektions­schutzgesetzes angesichts der Corona-Pandemie) und auch vor der Verordnung über die Ausdehnung der Meldepflicht vom 30.01.2020.

Da der Inhaber der Gaststätte wegen des neuartigen Corona-Virus schließen musste, verlangt er von der Versicherung einen Betrag von ca. 27.000,00 € aus dem Vertragsverhältnis. Weil die Versicherung jegliche Zahlung ablehnte, hat er einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt beim Landgericht Essen, das jedoch den Antrag zurückgewiesen hat. Hiergegen hat der Inhaber der Gaststätte Beschwerde beim OLG Hamm eingelegt.

Auch in II. Instanz blieb das Begehren des Antragstellers ohne Erfolg. Das Oberlandesgericht vertrat die Auffassung, das Landgericht Essen habe den Antrag zu Recht zurückgewiesen; der vom Gastronom geltend gemachte Anspruch auf die Leistungen aus der Betriebsschließungsversicherung bestehe nicht. Die Aufzählung der „versicherten“ Krankheiten und Krankheitserreger in den vereinbarten Versicherungs­bedingungen sei abschließend. Dies ergebe sich aus der Formulierung in den Versicherungsbedingungen „nur die im Folgenden aufgeführten (vergleiche §§ 6 und 7 Infektionsschutzgesetz“ und die anschließend ausführliche Auflistung einer Vielzahl von Krankheiten und Erregern). Diese Formulierung könne nach Auffassung des Gerichts nicht so verstanden werden, dass der Versicherer auch für eine spätere Erweiterung des Gesetzes Versicherungsschutz gewähren würde, sowie der Antragsteller begehrt, sondern nur für die benannten, vom Versicherer einschätzbaren Risiken.

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