MICHAEL Rechtsanwaelte

BayVGH: Feinstaub – Aktionsplan: Teilerfolg eines Anwohners

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit Urteil vom 18. Mai 2006 (Az. 22 BV 05.2462) der Klage eines Anwohners der Landshuter Allee auf Aufstellung eines Aktionsplans wegen Feinstaubbelastung gegen den Freistaat Bayern – teilweise -stattgegeben und insoweit das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 26. Juli 2005 im Berufungsverfahren abgeändert. Hingegen blieb die Berufung gegen das klageabweisende Urteil indem Verfahren gegen die Landeshauptstadt München ohne Erfolg (Az.22 BV 05.2461)

Der BayVGH verpflichtete den Freistaat Bayern zur Aufstellungeines Aktionsplans für den Bereich der Landshuter Allee unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Im vorangegangenen Eilverfahren hatte das Gericht mit Beschluss vom 30. Juni 2005 (Az.22 CE 05.1194) den Eilantragdes Klägers auf Aufstellung eines Aktionsplans innerhalb einerFrist von 2 Wochen noch abgelehnt. In der Entscheidung hatte dasGericht bereits ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dem Klägergrundsätzlich der begehrte Anspruch zustehen könne, er jedoch imHinblick auf die Komplexität der zu ergreifenden Maßnahmen undangesichts der in Vorbereitung begriffenen Pläne keine Sofortmaßnahmen verlangen könne.
Im jetzt entschiedenen Klageverfahren kommt der BayVGH zu demErgebnis, dass es im Hinblick auf die verstrichene Reaktionszeitvon nunmehr 16 Monaten seit Inkrafttreten des Immissionsgrenzwertes als nicht (mehr) rechtmäßig anzusehen ist,wenn die zuständige Behörde trotz von Anfang an evidenterÜberschreitungsgefahr noch immer keinen Aktionsplan vorlegen kann.Dies sei unverzüglich nachzuholen. Die vom Freistaat Bayernlediglich in Aussicht gestellten Maßnahmen genügten diesenAnforderungen jedenfalls nicht.
Der aufzustellende Aktionsplan brauche aber aufgrund der konkreten Gegebenheiten und entgegen dem gesetzlichen Regelfall nicht zugewährleisten, dass unter allen Umständen die Einhaltung der Grenzwerte, auch nicht vom Jahr 2008 an, gewährleistet werde. Eskönne nicht verlangt werden, was „tatsächlich unmöglich unddeshalb auch rechtlich nicht geboten sei“. Insofern sei zuberücksichtigen, dass der Aktionsplan die großräumigeLuftverschmutzung und deren Anteil an der Überschreitung derGrenzwerte nur teilweise beeinflussen könne, insbesondere demFreistaat Bayern die Normsetzungskompetenz für weitere in Betrachtzu ziehende Maßnahmen fehle. Bei der Wahl der zu ergreifenden Mittel sei zudem den Rechten der von den Maßnahmen belastendBetroffenen unter dem Gesichtspunkt des Gebotes der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen. Die vom Freistaat Bayernvorbereiteten Maßnahmen, wie etwa die Umleitung des LKW-Durchgangsverkehrs auf die A 99 und die geplante Einrichtungeiner Umweltzone in der Innenstadt von München, erschienen demBayVGH grundsätzlich geeignet, effektiv und verhältnismäßig. Aufdie Aufstellung des Aktionsplans habe der Kläger als betroffener Anwohner einen Anspruch, da Zweck der Immissionsgrenzwerte derSchutz der Gesundheit sei und die Aufstellung eines Aktionsplansvom Gesetzgeber als vorrangiges Instrument zur Einhaltung derGrenzwerte angesehen werde. Der Kläger brauche sich daher nichtauf Einzelmaßnahmen, losgelöst vom Aktionsplan, verweisen lassen.

Die Revision gegen das Urteil zum Bundesverwaltungsgericht inLeipzig wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssachezugelassen.

Der BayVGH vermochte hingegen keinen Anspruch des Klägers gegendie Landeshauptstadt München auf aktionsplanunabhängigeverkehrliche oder sonstige Maßnahmen zur Einhaltung derFeinstaubimmissionswerte zu erkennen. Zwar sei ein Anspruch aufdie Ergreifung anderer auf die Einhaltung der Grenzwertegerichteter Maßnahmen neben dem Luftreinhalteplan bzw. dem Aktionsplan grundsätzlich rechtlich nicht ausgeschlossen. Dochschieden solche Maßnahmen, wenn sie sich aufgrund der komplexenVerhältnisse als kaum zielführend und erfolgversprechend erwiesen,von vornherein als ermessensfehlerhaft aus. Die insofern von der Landeshauptstadt München im gegenüber dem Kläger ergangenenAblehnungsbescheid getroffenen Ermessenserwägungen seienverwaltungsgerichtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere würdenlokale Verkehrsbeschränkungen nur zur Verkehrsverlagerung aufweniger geeignete Straßen führen. EineGeschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h wäre wegen der darausfolgenden energieverbrauchenden und umweltbelastenden Zähflüssigkeit des Verkehrs dem Ziel der Luftreinhaltung ebenfallsabträglich. Für andere als straßenverkehrsrechtliche Maßnahmenfehle es bereits an einer entsprechenden Anspruchsgrundlage fürden Kläger. Unabhängig davon hätten sich diese Maßnahmen(Nassreinigung, Einsatz von Staubbindern) teilweise als kaumwirksam erwiesen, so dass deren Ablehnung durch die Landeshauptstadt München ebenfalls ermessenfehlerfrei erfolgt sei.Soweit diese Maßnahmen zielführend erschienen (z.B. Verschärfungder städtischen Brennstoffverordnung), sei die Landeshauptstadt München bereits tätig geworden.

Die Revision gegen dieses Urteil wurde nicht zugelassen; der Kläger kann dagegen Nichtzulassungsbeschwerde zumBundesverwaltungsgericht in Leipzig erheben.

(Bayer. Verwaltungsgerichtshof, Urteile im Volltext vom 18. Mai2006, Az. 22 BV 05.2461 und 22 BV 05.2462; siehe auch Pressemitteilung 01.07.2005)

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