Gleichzeitige Verwendung einer Widerrufs- und Rückgabebelehrung berechtigt zur Abmahnung
Das Landgericht Frankfurt a.M. hat entschieden (Urteil vom 01.11.2006 – Az. 3-08 0 164/06), dass die gleichzeitige Verwendung einer Widerrufs- und Rückgabebelehrung zur Abmahnung berechtigt. Online-Händler sollten sich daher entscheiden, ob sie den Verbauchern entweder eine Widerrufsbelehrung oder eine Rückgabebelehrung einräumen.
Das Landgericht Frankfurt hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
„Soweit der Antragsgegner auf seiner Internetseite sowohl eine Widerrufsbelehrung als auch eine Rückgabebelehrung gegeben hat, ist dies nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, 312 c Abs. 1-Satz 1 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-Info-V unlauter.Soweit der Antragsgegner über eBay Computer und Computerzubehör anbietet, handelt es sich um Angebote auf Abschluss von Fernabsatzverträgen. Bei solchen Verträgen ist es nach § 312 c Abs. 1 Satz 1 BGB erforderlich, dass in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich die nach § 1 Abs. 1 BGB-InfoV erforderlichen Informationen, zu denen auch eine Belehrung über das Widerrufs- oder Rückgaberecht nach § 312 d Abs. 1 BGB gehört, gegeben werden.
Insoweit kann offen bleiben, wie die Internet-Angebote des Antragsgegners qualifiziert werden. Selbst wenn es sich noch nicht um bindende Angebote handeln sollte, sondern lediglich um eine Einladung zur Abgabe von Kaufangeboten, bedarf es spätestens bis zur. Abgabe der Willenserklärungen der Kunden (§ 312 c Abs. 1 Satz 1 BGB) einer umfassenden Aufklärung der Kunden in klarer und verständlicher Weise über deren Widerrufs-oder Rückgaberecht. Dabei müssen auch alle nach § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV erforderlichen Angaben über Bestehen und Ausübung des Widerrufs- oder Rückgaberechts und die Rechtsfolgen eines Widerrufs oder einer Rückgabe mitgeteilt werden.
Soweit die Belehrung klar und verständlich zu erfolgen hat, bedeutet dies, dass über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts, deren Ausübung und die Rechtsfolgen eines Widerrufs oder einer Rückgabe vollständig, widerspruchsfrei und zutreffend belehrt werden muss. Diesen Anforderungen genügt die Belehrung des Antragsgegners nicht, weil nach seiner Belehrung unklar ist, ob ein Widerrufsrecht oder ein Rückgaberecht besteht, da er sowohl über das Bestehen eines Widerrufsrechts als auch über das Bestehen eines Rückgaberechts belehrt hat. Eine solche Belehrung ist jedoch unzutreffend, weil sie sowohl § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV als auch §§ 312 d Abs. 1 Satz 2, 356 Abs. 1 BGB widerspricht.
Denn nach § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV hat der Unternehmen darüber zu belehren, ob bei dem von ihm angebotenen Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht oder ein Rückgaberecht besteht, weil das gesetzliche Widerrufsrecht (§ 312 d Abs. 1 Satz 1 BGB) durch die Einräumung eines vertraglichen Rückgaberechts (§§ 312 d Abs. 1 Satz 2, 356 Abs. 1 BGB) ersetzt wird. Ersetzung bedeutet, dass anstelle des Widerrufs- ein Rückgaberecht tritt. Ein Nebeneinander von Widerrufsrecht und Rückgaberecht sieht das Gesetz gerade nicht vor.
Von § 312 d Abs. I Satz 2 BGB darf auch nicht nach § 312 f BGB zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. Indem der Antragsgegner sowohl ein Widerrufs- als auch ein Rückgaberecht einräumt, ist er von der gesetzlichen Regelung – entweder Widerrufs- oder Rückgaberecht – zum Nachteil des -Verbrauchers abgewichen. Denn für den Verbraucher ist wegen des Nebeneinanders von Widerrufs- und Rückgaberecht undurchschaubar, welches Recht er ggf. wählen soll und welches Recht für ihn günstiger ist. Insbesondere ist im Falle der Rücksendung der bestellten Ware unklar, ob das Widerrufsrecht oder das Rückgaberecht gelten soll, weil beide Rechte durch Rücksendung der bestellten Ware ausgeübt werden können. Welches Recht in einem solchen Falle zur Anwendung kommt, kann aber von Bedeutung sein, wenn der Warenwert unter 40 EUR liegt, weil dann nach § 357 Abs. 3 Satz 3 BGB der Verbraucher die Kosten der Rücksendung trägt, wenn es sich um die Ausübung eines Widerrufsrechts handeln sollte.
Deshalb ist die Belehrung des Antragsgegners über das Widerrufs- oder Rückgaberecht nicht nur unzutreffend, sondern auch darüber hinaus unvollständig. Unter einer unvollständigen Information ist insbesondere das Vorenthalten von solchen Informationen zu verstehen, die der durchschnittlich informierte, situationsadäquat aufmerksame und verständige Verbraucher erwarten darf, um eine rationale Nachfrageentscheidung treffen zu können (Baumbach/Hefermehl/Köhler, § 4 UWG R. 1.38). Ein solcher Verbraucher darf vor Abschluss eines Fernabsatzvertrags erwarten, dass ihm mitgeteilt wird, ob das gesetzliche Widerrufsrecht oder das vertragliche Rückgaberecht besteht. Demgegenüber wird der Verbraucher durch die Belehrung des Antragsgegners von einem Nebeneinander von Widerrufs- und Rückgaberecht überrascht, ohne dass er ohne weiteres durchschauen kann, welches Recht im Einzelnen Anwendung finden soll. Vielmehr bleibt dies im Falle der Rücksendung der bestellten Ware offen.“
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