OLG Karlsruhe: Versendung von Spam-E-Mails gerichtlich untersagt
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat am 25.10.2006 in einem von Microsoft angestrengten Verfahren einen in Schleswig-Holstein ansässigen Spammer verurteilt. Das OLG Karlsruhe – wie bereits zuvor schon das Landgericht Mannheim – hielt den Spammer für eine Vielzahl von Spam-Aktionen verantwortlich und hat diesen wegen Spammings und Markenverletzung zu Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz verurteilt. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die klagende Microsoft Corporation hat den Beklagten wegen Versendung so genannter Spam-E-Mails auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Die Klägerin betreibt unter anderem den Internet-Dienst „hotmail“. Sie ist Inhaberin der Gemeinschafts-Wortmarke „Hotmail“. Der Beklagte hat in der Vergangenheit eine Reihe von Internetseiten betrieben, unter anderem solche mit dem kostenpflichtigen Angebot pornographischer Inhalte.
Das Landgericht Mannheim hat dem Beklagten untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Werbe-E-Mails zu versenden, die im Absenderadressfeld die Bezeichnung „hotmail“ und/oder „@hotmail.com“ enthalten. Es hat ihn verurteilt, über die bisherigen Versendungen mit solchen Absenderadressen Auskunft zu geben, weiter Auskunft zu erteilen über die Versendung von E-Mails zu Werbezwecken an Personen, die eine von der Klägerin verwaltete Empfängeradresse entsprechend der Schemata xy@hotmail.de, xy@hotmail.com u. a. führen, und hat wegen dieser Handlungen seine Schadensersatzpflicht festgestellt.
Die Berufung des Beklagten zum Oberlandesgericht Karlsruhe blieb ohne Erfolg.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Unterlassungsanspruch. Nach Artikel 9 GMVO gewährt die Gemeinschaftsmarke ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht, das es ihm gestattet, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Gemeinschaftsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist. Der Beklage hat ein mit der Wortmarke der Klägerin „Hotmail“ identisches Zeichen markenmäßig benutzt. Nach der Beweisaufnahme geht der Senat davon aus, dass der Beklagte in ganz erheblichem Umfang an eine Vielzahl von Personen Werbe-E-Mails unter Verwendung einer Absenderadresse versandt hat, die nach dem Symbol „@“ das Zeichen „hotmail“ oder „hotmail.com“ enthielten.
Eine E-Mail-Adresse besteht üblicherweise aus einer vor dem Symbol „@“ angeordneten, individuellen Bezeichnung, die von dem jeweiligen Teilnehmer des E-Mail-Verkehrs grundsätzlich frei gewählt werden kann, ferner aus einer nach dem Symbol „@“ angeordneten Bezeichnung, die entweder deutlich macht, in welchem Unternehmen oder welcher Behörde der Teilnehmer tätig ist, oder aber zeigt, bei welchem Internetdienstleister der Teilnehmer einen Account eingerichtet hat. Der Empfänger einer E-Mail erhält deshalb eine Information darüber, welcher konkrete Teilnehmer ihm eine Nachricht übermittelt, und wessen Dienstleistung der Teilnehmer in Anspruch nimmt. Die entsprechenden Dienstleister haben ein erhebliches Interesse daran, ihr jeweiliges Zeichen bekannt zu machen, indem es in die Absenderadresse aufgenommen wird. Der Beklagte ist aufgrund der schuldhaften Markenverletzung zum Schadensersatz und zur Auskunft verpflichtet.
Der Beklagte ist auch zur Auskunft und zum Schadensersatz verpflichtet, soweit er E-Mails an von der Klägerin verwaltete Empfängeradressen versandt hat. Die Klägerin und der Beklagte stehen in einem Wettbewerbsverhältnis. Der Beklagte hat schuldhaft gehandelt, denn er hätte bei Beachtung gehöriger Sorgfalt erkennen können und müssen, dass die Versendung von Werbe-E-Mails an Empfänger, die nicht ihr Einverständnis erklärt hatten, wettbewerbswidrig ist. Um den Bedürfnissen ihrer Kunden zu entsprechen, muss die Klägerin bei den von ihr unterhaltenen E-Mail-Diensten hinreichende Empfang- und Speicherkapazitäten bereit halten. Da auch Spam-E-Mails die entsprechenden Kapazitäten beanspruchen, muss die Klägerin höhere Kapazitäten bereit stellen, damit den Kunden der erwünschte E-Mail-Verkehr möglich bleibt. Das begründet ein Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten, weil er für solche Spam-E-Mails verantwortlich ist.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 25.10.2006 – 6 U 35/06 –
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