OLG Kralsruhe: Bei Schrottimmobilien muss Bausparkasse zahlen
Mit zwei Urteilen vom 21.06.2006 – 15 U 50/02 und 15 U 64/04 – hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe die Badenia Bausparkasse erneut zum Schadensersatz verurteilt. Nunmehr liegen auch die schriftlichen Urteilsgründe vor.
In den beiden im wesentlichen gleich gelagerten Fällen hatten die Kläger Eigentumswohnungen in Hamburg bzw. in Westerstede (Niedersachsen) als Anlageobjekte erworben. Bei den Wohnungen handelte es sich nach Meinung der Kläger um sogenannte „Schrottimmobilien“. Verkäuferin war eine zur Aachener und Münchener Gruppe gehörende Wohnungsgesellschaft. Finanziert wurden die Wohnungen von der Badenia Bausparkasse, die ebenfalls zur Aachener und Münchener Gruppe gehört. Als Vermittler traten gegenüber den Klägern Vertreter der Heinen & Biege-Gruppe auf, die in den 90er Jahren in größerem Umfang Wohnungen aus dem sozialen Wohnungsbau als Anlageobjekte verkauften, wobei in mehr als 5000 Fällen gleichzeitig eine Finanzierung der Badenia vermittelt wurde. Die Firmen der Heinen & Biege-Gruppe sind heute insolvent.
Bereits mit Urteil vom 24.11.04 – 15 U 4/01 – hat der 15. Zivilsenat die Badenia in einem Parallelfall zum Schadensersatz verurteilt. Der Senat hat nun auch in den beiden aktuellen Fällen festgestellt, die Badenia habe Aufklärungspflichten gegenüber ihren Kunden in erheblichem Umfang verletzt. Die Kläger seien auf Grund der Darlehensbedingungen der Badenia gezwungen gewesen, einem so genannten Mietpool beizutreten. Der Mietpool habe den Klägern jede Möglichkeit genommen, die Wohnung selbst zu verwalten. Die Badenia habe es versäumt, die Kläger über die mit dem Mietpool verbundenen erheblichen Risiken aufzuklären. Die Verletzung von Aufklärungspflichten führe zum Schadensersatz.
Das von Heinen & Biege entwickelte Mietpoolkonzept war nach den Feststellungen des Senats von Anfang an betrügerisch. Die Vertreter von Heinen & Biege hätten generell den Kunden überhöhte Ausschüttungen versprochen, um einen in Wahrheit nicht vorhandenen Mietertrag der Wohnungen vorzuspiegeln. Auf diese Weise seien auch die Kläger getäuscht worden.
Die Badenia habe bei der Finanzierung für Heinen & Biege-Kunden generell keine realen Verkehrswertschätzungen vorgenommen. Man habe bei der Badenia bewusst überhöhte fiktive Beleihungswerte zu Grunde gelegt, um die Vollfinanzierung überhöhter Kaufpreise im Hinblick auf die Vorschriften des Bausparkassengesetzes rechtfertigen zu können. Um den Anschein korrekter Beleihungswertermittlungen zu wahren, habe die Badenia in der hauseigenen Dokumentation die überhöhten Mietpoolausschüttungen fälschlich als tatsächlichen Mietertrag deklariert.
Eine maßgebliche Rolle in der Zusammenarbeit mit der Heinen & Biege-Gruppe spielte nach den Feststellungen des 15. Zivilsenats der damalige Vorstand A. Ob das Betrugssystem von Heinen & Biege vollständig mit dem Vorstand A. abgesprochen war, brauchte der Senat nicht festzustellen. Sicher sei jedoch eine zumindest teilweise Kenntnis des Vorstands A. Hieraus ergebe sich der Vorwurf einer Beihilfe zum Betrug. Für die unerlaubte Handlung ihres ehemaligen Vorstands hafte die Badenia nach §§ 823 Abs. 2, 31 BGB.
Nach dem Urteil des 15. Zivilsenats muss die Badenia den Klägern sämtliche geltend gemachten Aufwendungen ersetzen, welche die Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb der Wohnungen gehabt haben. Die Kläger werden von den Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Badenia befreit. Im Gegenzug erhält die Badenia die Eigentumswohnungen, an denen die Kläger kein Interesse mehr haben.
In der Vergangenheit haben eine Reihe von Zivilsenaten anderer Oberlandesgerichte in Parallelfällen unterschiedlich entschieden. Eine abschließende Klärung durch den Bundesgerichtshof ist noch nicht erfolgt. Mit Urteil vom 16.05.2006 – XI ZR 6/04 – hat der Bundesgerichtshof eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm aufgehoben und zurückverwiesen, mit der das Oberlandesgericht Hamm in einem Parallelfall eine Klage gegen die Badenia abgewiesen hatte.
Die Urteile des 15. Senats sind nicht rechtskräftig. Im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung hat der Senat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteile vom 21.06.2006
– 15 U 50/02 und 15 U 64/04 –