Was passiert mit dem Wohnungsrecht bei einer Heimunterbringung?
von Rechtsanwalt und Notar Wolfgang Hermes, Gevelsberg
Häufig erfolgt die Übertragung von Immobilien an die nächste Generation zu Lebzeiten nur gegen Einräumung eines lebenslangen Wohnungsrechtes zu Gunsten des Übergebers. Dabei versteht das Gesetz unter Wohnungsrecht ein dingliches Nutzungsrecht dahingehend, ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen. Es wird als beschränkte persönliche Dienstbarkeit bestellt und ist im Grundbuch einzutragen. Was aber geschieht mit diesem Wohnungsrecht, wenn der Berechtigte dauerhaft auf eine auswärtige Heimunterbringung angewiesen ist?
Grundsätzlich erlischt das Wohnungsrecht, wenn dessen Ausübung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen dauernd ausgeschlossen ist. Ein alters- oder gesundheitsbedingter Umzug in ein Heim stellt einen solchen tatsächlichen Grund nicht dar und führt somit nicht zum Erlöschen des Wohnungsrechtes, da nicht sicher vorherzusehen ist, ob sich der gesundheitliche Zustand des Berechtigten wieder bessert.
Auf der anderen Seite kann der dauerhafte Auszug des Inhabers des Wohnungsrechtes zur Folge haben, dass sich das dingliche Wohnungsrecht in einen Vergütungsanspruch gegen den Verpflichteten dergestalt wandelt, dass dieser an den Heimkosten zu beteiligen ist, und zwar in Höhe der durch Vermietung der Wohnrechtsräume erzielbaren Erträge. Dies setzt allerdings voraus, dass die Pflegeheimkosten von dem Berechtigten nicht ohne Existenzgefährdung übernommen werden können und dass sich der eigentliche Eigentümer der Immobilie nicht selbst in einer Notlage befindet. Hier hat das Gericht die konkreten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.
Darüber hinaus sieht die Regelung zum Wohnungsrecht in § 1093 BGB vor, dass der Berechtigte befugt ist, „seine Familie sowie die zur standesgemäßen Bedienung und zur Pflege erforderlichen Personen in die Wohnung aufzunehmen“. Sobald der Berechtigte daher dauerhaft in einem Heim untergebracht werden muss, entfällt auch die Nutzung durch den vorgenannten Personenkreis, da die gesetzliche Regelung eine Mitbenutzung und nicht eine alleinige Nutzung gestattet. Dasselbe gilt für denjenigen, der aus dem Wohnungsrecht verpflichtet ist. Auch dieser ist nicht befugt, die als Folge der Heimunterbringung leer stehenden Räume selbst zu nutzen.
Diesen Schwierigkeiten kann man begegnen, indem Übergabeverträge mit Einräumung von Wohnungsrechten vorsehen, dass das Wohnungsrecht im Falle eines dauerhaften Auszuges des Berechtigten enden soll. Ein solcher Vorbehalt in Form einer so genannten auflösenden Bedingung wäre dann auch im Grundbuch einzutragen. Bereits bestehende Verträge und Grundbucheintragungen sollten überprüft und ggf. angepasst werden.
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