Landgericht Karlsruhe: Abmahnung wegen Wertersatzklausel bei eBay ist gerechtfertigt
Auch das Landgericht Karlsruhe hält die gängige Wertersatzklausel bei Ebay für wettbewerbswidrig (Urteil vom 08.08.2007 – Az. 13 O 76/07). Damit hat das Gericht die Entscheidung des Landgerichts Berlin vom 15.03.2007 (Az. 52 O 88/07) bestätigt. Der Rechtsauffassung des OLG Hamburg (Urteil vom 19.06.2007 – Az. 5 W 92/07) und des Landgerichts Flensburg (Urteil vom 23.08.2006 – Az.: 6 O 107/06), die Verwendung der Wertersatzklausel bei eBay berechtige nicht zur Abmahnung, hat das Landgericht Karlruhe dagegen ausdrücklich abgelehnt.
Es folgen die Entscheidungsgründe des Landgerichts Karlsruhe:
„Die einstweilige Verfügung war aufrechtzuerhalten, da sie zu Recht ergangen ist.
1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1 und Abs. 3, 4 Nr. 11 UWG zu, weil sie einer gesetzlichen Vorschrift zuwidergehandelt hat, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zu diesen Vorschriften, deren Verletzung regelmäßig wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche auslöst, gehört auch die Belehrung über ein bestehendes Widerrufsrecht nach § 355 BGB (OLG Karlsruhe, WRP 06, 1039).
Es bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Klägerin Mitbewerber der Beklagten im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist. Zumindest soweit die Beklagte Pumpen für Heizungsanlagen anbietet, überschneidet sich ihr Angebot ersichtlich mit den von der Klägerin angebotenen Heizungsanlagen und -teilen.
Die Beklagte, die mittels Fernabsatzverträgen mit Verbrauchern kontrahiert, hat mit der Streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung gegen ihre Verpflichtung nach § 312 c Abs. 1 Satz 1 Ziffer 18GB verstoßen. Danach hat der Unternehmer den Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich die Informationen zur Verfügung zu stellen, für die die BGB-lnfoV bestimmt ist, also gemäß § 1 Nr. 10 BGB-InfoV die Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung usw.
a) Dazu gehört vor allem auch die Widerrufs- beziehungsweise Rückgabefrist. Die Beklagte hat die Interessenten ihres Angebots bei eBay auf der von der Klägerin beanstandeten „Mich-Seite“ insoweit dahin belehrt, dass die Ware innerhalb von zwei Wochen durch Rückgabe der Ware zurückgegeben werden könne. Diese Belehrung ist unzutreffend und verstößt daher gegen § 312 c Abs. 1 Nr. 1 BGB, welcher nicht nur eine formale Information sondern vor allem eine klare und zutreffende Information verlangt. Denn die Widerrufsfrist beträgt dann, wenn die Belehrung in Textform erst nach Vertragschluss mitgeteilt wird einen Monat. Dies gilt, wie die Beklagte im Übrigen durch die aktuell verwendete Belehrung selbst einräumt, auch dann, wenn vor Vertragsschluss im Internet wie geschehen belehrt wird. § 312 c Abs. 1 BGB macht die Belehrung in Textform nicht überflüssig. Er statuiert vielmehr eine zusätzliche Informationspflicht bei Fernabsatzverträgen und wird ergänzt durch die ausdrückliche Verpflichtung, dem Verbraucher die entsprechenden Informationen (auch) in Textform mitzuteilen und zwar bei der Lieferung von Waren spätestens bis zu deren Lieferung an den Verbraucher. Genügt danach nicht schon die Belehrung auf der Internetseite den Anforderungen der Textform, so greif daher zwingend § 355 Abs. 2 BGB ein und es gilt eine einmonatige Widerrufsfrist.
So liegt es auch bei den vorliegenden Onlineangeboten der Beklagten über die Internetplattform eBay (OLG Hamburg MMR 06, 675). Denn auch die Widerrufsbelehrung des Beklagten auf der „Mich-Seite“ bei eBay genügt nicht der Textform, welche gemäß § 126 b BGB vielmehr verlangt, dass die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben wird. Nach derzeit wohl herrschender obergerichtlicher Rechtsprechung ist daher bei Texten, die in das Internet eingestellt werden, dem Empfänger aber nicht (zum Beispiel per E-Mail) übermittelt worden sind, § 126 b BGB nur gewahrt, wenn es tatsächlich zum Ausdruck oder zur Abspeicherung bei abrufenden Verbrauchern kommt (KG NJW 06, 3215 ff; OLG Hamburg a.a.O., OLG Hemm, ZIP 07, 824). Informationen auf einer Webseite alleine sind dagegen nicht ausreichend solange sie nur im Arbeitsspeicher des Computers, im Cache des Browsers oder in sonstiger flüchtiger Form und damit nicht dauerhaft im Machtbereich des Empfängers gespeichert und zugleich dem Zugriff des Erklärenden entzogen sind (vgl. Junker In: Juris PK-BG8. 3. Auflage, § 126 b, Rn. 13.0; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Auflage, § 128 b, Rn 3).
Soweit die Beklagte geltend macht, das über eBay gemachte Angebot und seine Bedingungen seien vor und nach Annahme des Angebots durch den Käufer nicht mehr auffindbar, führt dies nicht zu abweichender Beurteilung. Auch wenn die Internetplattform die ABG dauerhaft speichert, reicht dies jedenfalls solange nicht aus, als die Speicherung wieder aufgehoben werden kann und wie die von der Klägerin ohne beachtlichen Gegenvortrag oder gar Glaubhaftmachung der Beklagten dargelegt, durch entsprechende Darstellungs/ Wiedergabetechniken des Anbieters problemlos unterlaufen werden kann (vgl. auch OLG Hamburg a. a. O. Seite 676).
Wurde die erforderliche Belehrung in Textform nach allem erst nach Vertragschluss mitgeteilt, so galt die einmonatige Widerrufsfirst beziehungsweise Rückgabefrist nach §§ 355 II 1, 356 II BGB.
b) Danach beanstandet die Klägerin zu Recht auch, dass nach der streitgegenständlichen Belehrung die Frist „frühestens mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung“ beginne. Denn die Widerrufsfrist beginnt nach § 355 BGB zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform zugeht, beziehungsweise nach weiteren Erfordernissen in § 312 d Abs. 2 BGB mit Widerrufsbelehrung in Textform und Lieferung der Ware. Mit Email der Ware beginnt die Frist gemäß § 312 d Abs. 2 BGB also nur dann, wenn dem Verbraucher bis dahin auch die Widerrufsbelehrung in Textform zugegangen ist Dem genügt der Hinweis auf die lediglich im Internet, mithin nicht in Textform abgespeicherte Belehrung nicht (vgl. KG NJW 06, 3215.).
c) Schließlich ist die einstweilige Verfügung auch in Punkt I. c zu Recht ergangen. Gemäß § 357 Abs. 3 BGB hat der Verbraucher abweichend von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung nur dann zu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, so dass die Belehrung des Beklagten auch insoweit unzutreffend ist.
Die Auffassung bei § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB handle es sich um eine allgemeine Vorschrift denen § 312 c Abs. 1 und Abs. 2 BGB als Spezialvorschriften auch bezüglich der Rechtsfolgen vorgingen, vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass hier durch das Erfordernis einer Belehrung In Textform bereits vor Vertragsschluss für die verschärfte Haftung des Verbrauchers modifiziert werden sollte. Dem Erfordernis der Belehrung in Textform kommt insoweit ersichtlich Warnfunktion bei Verschärfter, die Rücktrittsvorschriften zu Lasten des Verbrauchers modifizierender Haftung zu. Dies wird auch durch die Information nach § 312 c Abs. 1 BGB, welche wie dargelegt, vorliegend der Textform nicht genügt, nicht entbehrlich (anders aber OLG Hamburg, Beschluss vom 19.06.2007 – 5 W 92/07).
2. Es liegt auch kein Bagatellverstoß im Sinne von § 3 UWG vor, welcher einen Unterlassungsanspruch nicht begründen kann. Schon die Vielzahl der online über die Internetplattform eBay ansprechbaren Interessenten belegt, dass es sich hier keineswegs um eine nur unwesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs handelt.
3. Der Anspruch wird von der Klägerin auch nicht missbräuchlich geltend gemacht (§ 8 Abs. 4 UWG). Dass sie Klägerin in der Vergangenheit eine erhebliche Zahl von Konkurrenten abgemahnt hat, vermag einen Missbrauch nicht zu begründen. Ob es zutrifft, dass die Beklagte seit 01.01.2006 im Raum Kiel nur eine Lieferung im Wett von 148,26 netto erbracht hat, wofür jede Glaubhaftmachung fehlt, kann dahingestellt bleiben. Es ist schon nicht ersichtlich, dass sich die gewerbIiche Tätigkeit der Parteien ausschließlich im dortigen Bereich überschneidet und ein Wettbewerb an anderer Stelle ausgeschlossen ist.
Schließlich kann der Klägerin auch nicht vorgeworfen werden, ihren Anspruch mit ersichtlich übertriebenen Wertvorstellungen verbunden zu haben. Die große Vielzahl an über das Internet ansprechbaren Interessenten rechtfertigt vorliegend durchaus die Annahme eines Wettbewerbsinteresses von 10.000,- Euro.
4. Die Dringlichkeit der einstweiligen Verfügung wird gemäß § 12 Abs. 2 UWG vermutet. Die Beklagte hat nichts dargelegt, was diese Vermutung widerlegen konnte, insbesondere ist der seit Abmahnung der Beklagten verstrichene Zeitraum (Monatsfrist eingehalten), insoweit ungeeignet.“
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