BGH: Einstellung von Versorgungsleistungen (Strom, Gas, Wasser) nach Beendigung des Mietverhältnisses
von Christoph Wink
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 06.05.2009 (XII ZR 137/07) entschieden, dass ein (Gewerberaum-) Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses grundsätzlich berechtigt sein kann, Versorgungsleistungen wie Heizung, Strom, Wasser einzustellen.
In dem entschiedenen Fall war zwischen den Parteien im Jahr 2000 ein Gewerberaummietvertrag abgeschlossen worden. Im August 2007 befand sich der Mieter mit der Erstattung der Miete acht Monate im Rückstand. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis wiederholt, zuletzt im August 2007 und erhob Räumungsklage. Parallel drohte er dem Mieter mehrfach die Einstellung der Versorgung der Mieträume mit Heizenergie an. Dagegen erhob der Mieter eine vorbeugende Unterlassungsklage, der das LG Berlin stattgab. Das KG hob die Entscheidung indessen auf, die Revision des Mieters wurde durch den BGH zurückgewiesen.
Entgegen der bisher vorherrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (die in der Einstellung der Leistungen eine besitzrechtlich verbotene Eigenmacht sieht) hat der BGH Besitzschutzansprüche des Mieters verneint.
Hierzu betont der BGH, dass der Besitzschutz nur „Abwehransprüche gegen Eingriffe von außen“ begründet, nicht aber darüber hinaus einen „Anspruch auf eine bestimmte Nutzung“ des Mietobjekts. Damit stelle die Einstellung der Versorgungsleistungen grundsätzlich keine Besitzstörung dar.
Ein Anspruch auf Versorgung kann damit – nach Beendigung des Vertragsverhältnisses – nur in Einzelfällen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben angenommen werden. „Eine Grenze für die Pflicht zur weiteren Belieferung sei aber jedenfalls dann erreicht, wenn der Vermieter hierfür kein Entgelt erhalte und ihm durch die weitere Belieferung ein Schaden drohe.“
Praxishinweis:
Der BGH befasst sich vorliegend mit der Frage des (temporären) Besitzschutzes des Mieters. Dieser steht grundsätzlich auch einem unrechtmäßigen Besitzer zu. Wird ein Mietverhältnis (z.B. wegen Zahlungsverzuges) gekündigt, muss sich der Vermieter erst einen Räumungstitel verschaffen; eine eigenmächtige Inbesitznahme (sei dies auch „nur“ durch Austausch der Schlösser) ist nicht zulässig, der Mieter kann Besitzansprüche nötigenfalls im Wege einer einstweiligen Verfügung sichern.
Umstritten war bislang, ob der Vermieter zumindest berechtigt sein kann, Versorgungsleistungen einzustellen („kalte Räumung“), was der BGH zumindest im Grundsatz (Ausnahme: Treu und Glauben) bestätigt hat. Der Vermieter darf sich zwar nicht in den Besitz des Objekts setzen, er muss dieses aber nicht weiter (und dann auch noch auf eigene Kosten) weiter mit Strom, Gas und Wasser versorgen.
Zu beachten ist, dass sich das Urteil nur mit einem Gewerberaummietverhältnis befasst hat. Eine Entscheidung des BGH für den Bereich der Wohnraummiete steht noch aus. In Anbetracht der klaren Beurteilung des Besitzrechts als Abwehr-, nicht aber als Leistungsrecht wird die Entscheidung auch auf die Wohnraummiete zu erstrecken sein.
Abschließend zu beachten bleibt, dass der Vermieter nur solche Leistungen wird unterbrechen dürfen, die er selbst erbringt. Wird die konkrete Leistung von einem Dritten (Stadtwerke, etc.) erbracht, darf der Vermieter in dieses Leistungsverhältnis nicht eingreifen.
Quelle:
Über die Entscheidung informiert die aktuelle Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 96/2009. Der Volltext kann in Kürze über die Homepage des Bundesgerichtshofs (www.bundesgerichtshof.de) abgerufen werden.