MICHAEL Rechtsanwaelte

BGH: Verlust des Zurückbehaltungsrechts des Mieters bei Vermieterwechsel

Wird vermieteter Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, verliert der Mieter dem Veräußerer gegenüber sein Zurückbehaltungsrech an der rückständigen Miete wegen eines Mangels der Mietsache, der vor der Veräußerung entstanden ist. Vom Zeitpunkt der Veräußerung an ist nur noch der Erwerber zur Mangelbeseitigung verpflichtet und kann der Mieter nur die Leistung der diesem geschuldeten Miete bis zur Mangelbeseitigung verweigern. Dies entschied der BGH mit Urteil vom 19.6.06 (AZ: VIII ZR 284/05).

Im konkreten Fall war die Klägerin Eigentümerin und Vermieterin der an die Beklagte vermieteten Wohnung. Die Klägerin begehrte rückständige Miete für den Zeitraum von Dezember 2002 bis September 2003. Demgegenüber machte die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines Wasser- und Schimmelflecks geltend. Im Juni 2004 veräußerte die Klägerin die Wohnung.

Nach Auffassung des BGH endete das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten gegenüber der Klägerin mit dem Verkauf der Wohnung. Zwar rechtfertige der Anspruch des Mieters auf Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Verbrauch geeigneten Zustand (§ 535 I 2 BGB) grundsätzlich ein Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 320 BGB. Jedoch treffe bei einer Veräußerung der Mietsache gemäß § 566 I BGB die Erhaltungspflicht und damit die Verpflichtung zur Beseitigung von Mängeln ab dem Zeitpunkt des Eigentumsübergangs den Erwerber der Mietsache, auch wenn der Mangel schon vor dem Eigentumsübergang vorhanden war. Der Erwerber werde in diesem Fall anstelle des bisherigen Vermieters verpflichtet. Der auf Mangelbeseitigung gerichtete Erfüllungsanspruch gegen den Veräußerer gehe daher unter. Folglich fehle es für ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten gegenüber dem Mietzahlungsanspruch der Klägerin an einem damit synallagmatisch verbundenen (§ 320 BGB) oder dazu im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden und auf demselben Lebensverhältnis beruhenden (§ 273 BGB) Gegenanspruch der Beklagten. Eine Fortdauer des Leistungsverweigerungsrechts des Mieters gegenüber dem Veräußerer über den Zeitpunkt des Eigentumsübergangs hinaus sei auch nicht deshalb geboten, damit sich der durch § 566 I BGB angeordnete Vermieterwechsel nicht zum Nachteil des Mieters auswirkt. Die Regelung des § 566 BGB bezwecke zwar grundsätzlich den Schutz des Mieters und soll dessen Schlechterstellung durch den Verkauf des Mietobjektes vorbeugen. Der Mieter sei jedoch bereits dadurch ausreichend geschützt, dass eine schon vor dem Eigentumsübergang wegen des Mangels nach § 536 BGB eingetretene Mietminderung gegenüber dem Veräußerer fortbestehe. Darüber hinaus könne das Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Erwerber und neuen Vermieter  – bei Fortbestehen der Mängel – weiterhin ausgeübt werden.
 

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