BVerfG: Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen gilt auch für den Sozius
Das nach § 43 a IV BRAO geltende Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen richtet sich nicht nur an den einzelnen Rechtsanwalt persönlich, sondern auch an die mit ihm in einer Sozietät verbundenen Rechtsanwälte. Das Bundesverfassungsgerichts sieht darin keinen Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit eines Rechtsanwalts (Beschluss vom 20.06.2006, Az.: 1 BvR 594/069).
Der Beschwerdeführer der Verfassungsbeschwerde war ein Rechtsanwalt, der zusammen mit einem Sozius eine Kanzlei betreibt. Der Sozius des Beschwerdeführers hatte anlässlich einer Auseinandersetzung innerhalb einer Erbengemeinschaft zwei Miterben gegen deren Schwester als dritter Miterbin vertreten. Die beiden Brüder zahlten ihre Schwester aus und setzten die Erbengemeinschaft miteinander fort. Als es später innerhalb der Erbengemeinschaft zur Auseinandersetzung zwischen den beiden Brüdern kam, übernahm zuerst der Sozius des Beschwerdeführers das Mandat für einen der Brüder. Nach einer Beschwerde des anderen Bruders legte der Sozius des Beschwerdeführers das Mandat nieder. Anschließend führte der Beschwerdeführer das Mandat fort, obwohl sich der andere Bruder auch hierüber bei der Rechtsanwaltskammer beschwerte. Die Rechtsanwaltkammer sah in der Mandatsübernahme eine Vertretung widerstreitender Interessen.
Das Bundesverfassungsgericht stimmte dem zu und beschloss einstimmig, die Verfassungsbeschwerde des Rechtsanwalts nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde sei nicht zur Durchsetzung des als verletzt gerügten Grundrechtes der Berufsausübungsfreiheit angezeigt. Dass das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen auch für die mit einem Rechtsanwalt in einer Sozietät verbundenen Kollegen gelte, wenn die Mandanten mit dessen Tätigkeit nicht einverstanden seien, sei mit Art. 12 I GG vereinbar. Der damit verbundene Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung sei durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt, da § 43a IV BRAO die Wahrung des Vertrauensverhältnisses zum Mandanten und die Sicherung der anwaltlichen Unabhängigkeit bezwecke (BVerfG, NJW 2003, 2520). Das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen diene zudem der Rechtspflege, die auf eine Geradlinigkeit der anwaltlichen Berufsausübung angewiesen sei. Das Verbot sei auch geeignet und erforderlich, um im Interesse der Mandanten wie der Rechtspflege diese Ziele zu erreichen.
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