BMJ: Justizminister präsentieren internationale Strafregistervernetzung
Heute haben die Justizministerinnen und Justizminister Deutschlands, Frankreichs, Spaniens, Belgiens, der Tschechischen Republik und Luxemburgs sowie der Vizepräsident der Europäischen Kommission in Bonn der Öffentlichkeit das Projekt zur europäischen Strafregistervernetzung vorgestellt.
„Ein schneller und effizienter Informationsaustausch zwischen den nationalen Strafregistern in Europa ist die Voraussetzung dafür, grenzüberschreitende Kriminalität wirkungsvoll verfolgen zu können. Ich freue mich, dass die Arbeit unserer nationalen Experten erfolgreich war und wir Ihnen heute die Aufnahme des Echtbetriebs für Auskunftsersuchen demonstrieren können. Dadurch wird die internationale Rechtshilfe in Strafsachen erheblich beschleunigt und erleichtert“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.
Das Projekt zur Vernetzung der nationalen Strafregister begann im Frühjahr 2003 als deutsch-französische Initiative. Im November 2003 kam Spanien, im November 2004 Belgien und im April 2006 die Tschechische Republik dazu. Nach einer erfolgreichen Pilotierungsphase konnte kürzlich der Echtbetrieb aufgenommen werden. Der Beitritt Luxemburgs zu diesem Projekt steht kurz bevor, luxemburgische Experten nehmen bereits seit einiger Zeit als Beobachter an den Arbeitssitzungen der Projektpartner teil. „Wir haben stets betont, dass unser Projekt für alle europäischen Staaten offen ist. Besonders begrüße ich, dass wir mit der Tschechischen Republik erstmals eines der neuen Mitglieder der Europäischen Union als Partner des Projekts aufnehmen konnten. Ich bin zuversichtlich, dass die Tschechische Republik bald die Voraussetzungen dafür schaffen wird, am elektronischen Datenaustausch teilzunehmen“, so Zypries weiter.
Kern des Strafregistervernetzungsprojekts ist es, eine sichere elektronische Kommunikation zwischen den nationalen Strafregistern zu schaffen. Bisher müssen die Staatsanwaltschaften, die eine Auskunft aus einem ausländischen Strafregister brauchen, ein förmliches Rechtshilfeersuchen (in Papierform) in der Sprache des ersuchten Landes stellen. Weil die Auskunftsersuchen jetzt elektronisch übermittelt und beantwortet werden können, wird die Erteilung der Auskunft ganz erheblich beschleunigt: Die durchschnittliche Dauer von der Anfrage einer Staatsanwaltschaft bis zum Eingang der Antwort betrug seit Aufnahme des Echtbetriebs wenige Stunden. Die Verständlichkeit der ausländischen Auskünfte wird zudem durch den Einsatz einer automatischen Verständnishilfe erleichtert. Der Nutzer erhält neben der Angabe der Strafvorschriften eine Erklärung in seiner Sprache, um welche Art von Straftat es sich handelt, etwa eine Verurteilung wegen Betrugs oder wegen eines Straßenverkehrsdelikts.
So läuft das Verfahren praktisch ab:
Eine deutsche Strafverfolgungsbehörde benötigt eine Information über einen französischen Staatsangehörigen.
Sie richtet dazu eine entsprechende Anfrage an das deutsche Zentralregister.
Das deutsche Register leitet die Anfrage auf vereinbarten einheitlichen Dateiformaten elektronisch über ein europäisches Datennetz an das französische Zentralregister weiter.
In dem französischen Register befinden sich grundsätzlich alle Daten zu Verurteilungen von französischen Staatsangehörigen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, also auch z. B. Verurteilungen des französischen Staatsangehörigen in Spanien und Belgien.
Das französische Strafregister bearbeitet die Anfrage und leitet die Auskunft über das europäische Datennetz an das deutsche Zentralregister unmittelbar weiter.
Das deutsche Register informiert die deutsche Strafverfolgungsbehörde, die angefragt hatte.
Die Partner des Projekts werden künftig auch die so genannten Strafnachrichten ausschließlich automatisch und elektronisch austauschen. Beim Strafnachrichtenaustausch teilt ein ausländisches Strafregister dem Strafregister des Heimatstaats mit, welche Staatsangehörigen aus dem Heimatstaat in diesem fremden Land rechtkräftig verurteilt wurden. Bislang geschah das in der Regel vierteljährlich in Papierform. Künftig leitet das Strafregister des Urteilsstaats die Verurteilungen von Ausländern unmittelbar nach der Eintragung an das Strafregister des Heimatstaats des Verurteilten weiter. Die Tests für den elektronischen Strafnachrichtenaustausch begannen im April 2006, die Arbeiten stehen kurz vor dem Abschluss. Auch hier wird durch die Strafregistervernetzung eine erhebliche Vereinfachung und Beschleunigung eintreten.
Am Rande der Veranstaltung traf Zypries zu einem bilateralen Gespräch mit ihrem französischen Amtkollegen Clément zusammen, an dem auch die Justizministerin des Landes Nordrhein-Westfalen, Müller-Piepenkötter, und Richter des Oberlandesgerichts Köln teilnahmen. Der französische Justizminister informierte sich über das bewährte System der Untersuchungshaft in Deutschland, das die Verhängung von Untersuchungshaft nur unter genau bestimmten Voraussetzungen ermöglicht und eine engmaschige Kontrolle durch die Gerichte vorsieht.
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