BVerfG: Strafbarkeit von Tachomanipulationen
Beschluss vom 9. Mai 2006 – 2 BvR 1589/05 –
Strafbarkeit von Tachomanipulation erfasst nicht das Bereitstellen
von Software, die der Reparatur und Justierung von Tachos dient
Am 18. August 2005 ist die Strafvorschrift des § 22b
Straßenverkehrsgesetz in Kraft getreten, die das Verfälschen der Messung
eines Wegstreckenzählers, mit dem ein Kraftfahrzeug ausgerüstet ist,
sowie das Herstellen, Verschaffen, Feilhalten oder Überlassen von
Computerprogrammen, deren Verwendungszweck die Begehung einer solchen
Straftat ist, unter Strafe stellt. Das Gesetz sieht Freiheitsstrafe bis
zu einem Jahr oder Geldstrafe vor.
Die Beschwerdeführer, deren unternehmerisches Betätigungsfeld die
digitale Programmierung von Wegstreckenzählern zum Zweck von deren
Umstellung, Reparatur und Justierung sowie die Herstellung hierfür
geeigneter Software umfasst, sind der Auffassung, dass ihre Tätigkeit
durch diese Strafvorschrift unter Strafe gestellt werde und sie dadurch
unter anderem in ihrer Berufsfreiheit verletzt würden. Ihre unmittelbar
gegen die Norm erhobene Verfassungsbeschwerde ist von der 1. Kammer des
Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung
angenommen worden.
Zur Begründung führt die Kammer aus, dass die Beschwerdeführer durch die
angegriffene Rechtsnorm nicht beschwert seien. Die Vorschrift ziele auf
die vorbeugende Bekämpfung betrügerischer Täuschungen über die
tatsächliche Laufleistung von Kraftfahrzeugen im Bereich des
Gebrauchtwagenhandels. Ein Verfälschen der Messung eines Wegzählers im
Sinne der Vorschrift liege daher nur dann vor, wenn die durch ihn
geleistete Aufzeichnung so verändert wird, dass sie nicht über die
tatsächliche Laufleistung des Kraftfahrzeugs Auskunft gibt. Ein
Verfälschen sei demgegenüber gerade nicht gegeben, wenn auf den
Wegstreckenzähler zu Zwecken der Reparatur, Justierung, Konvertierung
oder Datenrestauration eingewirkt wird, da diese Handlungen auf die
Anzeige der tatsächlichen Laufleistung des Kraftfahrzeugs abzielen. Was
das Bereitstellen von Software betrifft, sei es nicht ausreichend, dass
das Computerprogramm lediglich zur Begehung der in Bezug genommenen
Straftaten geeignet ist. Die von der Vorschrift geforderte
Zweckbestimmung müsse vielmehr eine Eigenschaft des Computerprogramms
darstellen; es müsse sich also um „Verfälschungssoftware“ für die
strafbare Manipulation von Wegstreckenzählern oder
Geschwindigkeitsbegrenzern handeln. Darum gehe es hier gerade nicht.