MICHAEL Rechtsanwaelte

LAG Berlin-Brandenburg: Jede Befristungsabrede des Arbeitsvertrages muss binnen 3 Wochen nach dem jeweiligen Fristablauf geltend gemacht werden

von Rechtsanwalt Christoph Wink
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Das Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) vom 21.12.2000 gibt zum Schutz der Arbeitnehmer unter anderem klare Vorgaben, in welchem Rahmen der Abschluss befristeter Arbeitsverträge zulässig ist. Die Folge eines Verstosses: Der Vertrag gilt generell als unbefristet.

Das LAG Berlin-Brandenburg hat hierzu mit Urteil vom 10.07.08 (14 Sa 604/08) klargestellt, dass (bei mehreren aufeinanderfolgenden Befristungen) jede einzelne Befristungsabrede innerhalb von drei Wochen nach Ablauf des jeweiligen Befristungszeitraums gerichtlich angegriffen werden muss (so § 17 TzBfG). Der Arbeitnehmer kann sich die Unwirksamkeitsgründe nicht „bis zuletzt aufsparen“.
Im entschiedenen Fall vereinbarten die Parteien mit schriftlichem Arbeitvertrag vom 07.10.2005 die Beschäftigung der Klägerin bei der Beklagten vom 10.10.2005 bis zum 31.12.2006. Diesen Vertrag unterschrieb die Klägerin am Mittag/späten Vormittag des 10.10.2005, nachdem sie von der Beklagten bereits vorab – um 8.00 Uhr – zu der Arbeitsstelle (eine Arbeitsagentur) einbestellt und dort schon als Arbeitsvermittlerin im Bereich SGB II eingesetzt worden war.

Mit Vertrag vom 07.12.2006 vereinbarten sie sodann die Weiterbeschäftigung des Klägerin bis zum 09.10.2007. Mit der Klage vom 18.10.2007  machte die Klägerin die Unwirksamkeit der zum 09.10.2007 ablaufenden Befristung geltend. Begründung: sie habe am 10.10.2005 bereits die Arbeit aufgenommen, als es zur Unterzeichnung des Arbeitsvertrages zum 07.10.2005 gekommen sei, so dass damit ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei.

Die Klage wurde in beiden Instanzen negativ beschieden. Hierzu das LAG:  

„Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 c ArbGG, 519, 520 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG rechtzeitig begründete Berufung ist erfolglos. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der mit der Klage gemäß § 17 Satz 1 TzBfG fristgerecht angegriffenen Befristungsabrede vom 07.12.2006 mit dem 09.10.2007 beendet worden ist.

… Diese Feststellung ist als solche zwar zutreffend, jedoch ergibt sich diese vom Arbeitsgericht angenommene Rechtsfolge nicht aus dem § 14 Abs. 2 TzBfG, sondern aus dem § 17 Satz 1 TzBfG. Hiernach muss der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist, will er geltend machen, dass die Befristung des Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist. Wie die Klägerin in der Berufungsbegründung selbst feststellt, beginnt hiernach die Dreiwochenfrist bei mehreren aufeinander folgenden Befristungsabreden für jede Befristungsabrede mit dem Ablauf der darin vereinbarten Befristung und nicht erst mit dem Ablauf der letzten Befristung (vgl. zur wortgleichen Vorgängervorschrift des § 1 Abs. 5 Satz 1 BeschFG: BAG vom 24.10.2001, 7 AZR 686/00, NZA 2002, 1335). Beim Abschluss eines gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG verlängerten befristeten Arbeitsvertrages liegt zwar ein einheitlicher Arbeitsvertrag, jedoch liegen zugleich mehrere Befristungsabreden vor, die jeweils unter Geltendmachung bestimmter Unwirksamkeitsgründe angegriffen werden können. Auch die Verlängerungsvereinbarung im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist eine Befristungsabrede, die ihrerseits und unabhängig vom der vorangegangenen rechtsunwirksam sein kann. Wenn gemäß § 17 Satz 1 TzBfG die Klagefrist mit dem vereinbarten Ende des Arbeitsvertrages beginnt, so ist hinsichtlich der erstmaligen Befristungsabrede auf das darin vereinbarte Ende und hinsichtlich jeder Verlängerungsvereinbarung auf das mit dieser vereinbarte Ende abzustellen (BAG a.a.O.). Leidet also der befristete Ausgangsvertrag an einem Wirksamkeitsmangel hinsichtlich der vereinbarten Befristung, so ist dies innerhalb der mit Ablauf der im Ausgangsvertrag vereinbarten Ende der Befristung beginnenden Klagefrist geltend zu machen. Unterbleibt dies, so gilt der möglicherweise unwirksam befristete Ausgangsvertrag gemäß § 17 Satz 2TzBfG als Verbindung mit § 7 KSchG als von Anfang an wirksam befristet. Dies ist dann auch bei der Beurteilung der Rechtswirksamkeit nachfolgender Befristungsabreden zugrunde zu legen.

… Bei alledem ist auch der Mangel der in § 14 in Abs. 4 TzBfG vorgeschriebenen Schriftform der Befristungsabrede ein Unwirksamkeitsgrund, der innerhalb der Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG geltend zu machen ist (BAG vom 01.12.2004, 7 AZRT 198/04, AP Nr. 15 zu § 14 TzBfG; KR-Bader, § 17 TzBfG, Rz. 5).“

Praxishinweis:

Das „Recht der befristeten Arbeitsverhältnisse“ ist zum Schutze der Arbeitnehmer erstmals im Jahre 2000 in die Gesetzesform des TzBfG „gegossen“ worden; zuvor hatte das BAG eine Vielzahl von Entscheidungen zugunsten der Arbeitnehmerschaft getroffen. Das TzBfG geht darüber hinaus – es ist stark ausdifferenziert und beinhaltet einige zwingend einzuhaltenden Formalismen.

Die Fehlerquellen sind hier mannigfaltig (Schriftform, Zeitpunkt des Vertragsschlusses, Befristung mit oder ohne Sachgrund, etc.), Arbeitgeber (auch größere, wie die Erfahrung zeigt) sind überfordert oder neigen schlichtweg zur Oberflächlichkeit. Die Folge: bei einem Verstoß gegen das TzBfG liegt regelmäßig ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vor ! Der Arbeitgeber müsste in diesem Fall, will er sich von seinem Mitarbeiter trennen, eine Kündigung aussprechen, die dem Schutzbereich des Kündigungsschutzgesetzes unterfallen kann (es bedarf daher einer Rechtfertigung für die Kündigung).

Hieraus resultiert ein erhebliches „Potential“ für den Mitarbeiter und ein erhebliches Risiko für den Arbeitgeber. Beide Parteien sollten daher den Abschluss (und die Verlängerung) befristeter Arbeitsverträge sorgsam prüfen lassen.

Linkhinweis:

Der Volltext des Urteils kann über die Homepage des LAG Berlin-Bradenburg (http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de) abgerufen werden.

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