BAG: Kein genereller Anspruch des Betriebsrats auf
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluß vom 16.05.2007 (7 ABR 45/06) entschieden, dass dem Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber kein genereller Anspruch auf Überlassung eines PCs zusteht.
I. Leitsätze des BAG
- Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber nach § 40 Abs. 2 BetrVG die Überlassung eines PC nebst Zubehör und Software nur verlangen, wenn er die Ausstattung mit diesem Sachmittel zur Durchführung seiner sich ihm stellenden betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben für erforderlich halten darf. Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn der Betriebsrat ihm obliegende Aufgaben mit Hilfe eines PC effektiver und rationeller erledigen kann als mit einem anderen ihm bereits zur Verfügung stehenden Sachmittel. Aus Effektivitätsgründen darf der Betriebsrat die Überlassung eines PC nur für erforderlich halten, wenn er ohne diese technische Ausstattung ihm obliegende Aufgaben vernachlässigen müsste.
- Hat das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung hinsichtlich eines Streitgegenstands auf zwei voneinander unabhängige, jeweils selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Rechtsmittelbegründung beide Erwägungen angreifen. Setzt sich die Rechtsmittelbegründung nur mit einer der beiden Erwägungen auseinander, ist das Rechtsmittel hinsichtlich dieses Streitgegenstands insgesamt unzulässig.
II. Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Im Verfahren stritten die Beteiligten unter anderem darüber, ob der Arbeitgeber dem Betriebsrat einen PC nebst Zubehör und Software zur Verfügung zu stellen hat.
Im Prozess trug der BR hinsichtlich seines Begehrens wie folgt vor:
„Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, ein PC nebst Zubehör und Software sei zur ordnungsgemäßen Durchführung der Betriebsratsarbeit erforderlich. Die von ihm zu erledigenden Schreibarbeiten seien in den vergangenen Jahren erheblich angestiegen, so dass ein PC der Beschleunigung der Betriebsratsarbeit diene. Protokolle über Betriebsratssitzungen, Korrespondenzschreiben und Informationsblätter an die Mitarbeiter könnten schneller und effektiver mit einem PC als mit der Schreibmaschine erstellt werden. Bei Verhandlungen über Betriebsvereinbarungen könnten Entwürfe leichter angefertigt und abgeändert werden. Seit Februar 2005 befinde er sich mit dem Arbeitgeber in intensiven Verhandlungen über eine neue Betriebsvereinbarung zur Regelung der Arbeitszeiten, nachdem die vorherige Betriebsvereinbarung im November 2004 gekündigt worden sei. Die Verhandlungen seien im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens fortgesetzt worden. Auch die Einhaltung der Arbeits- und Pausenzeiten könne mittels eines PC einfacher und effektiver überprüft werden. Außerdem biete ein PC die Möglichkeit, Informationen wie Sozialdaten der Arbeitnehmer, Einsatzzeiten und Personaleinsatzplanung zu speichern und zu verwalten. Der Einsatz eines PC stelle sicher, dass die sonstige Betriebsratstätigkeit nicht vernachlässigt werde. So seien zeitaufwändige Besuche in den einzelnen Verkaufsstellen ua. zur Überwachung von Arbeitsschutz- und Arbeitssicherheitsmaßnahmen, nötig. Dies müsse durch effiziente Erledigung der übrigen Arbeiten, vor allem von Schreibarbeiten, aufgefangen werden. Ein PC gehöre mittlerweile zu dem üblichen technischen Niveau der Kommunikationsmittel, dessen sich auch der Betriebsrat zur Erledigung seiner Aufgaben bedienen könne. Die Teilnahme der Betriebsratsvorsitzenden an der Schulungsveranstaltung vom 15. bis 19. November 2004 sei für die Betriebsratstätigkeit erforderlich gewesen, da der Abschluss von Betriebsvereinbarungen, insbesondere zu Fragen der Arbeitszeit, angestanden habe.“
Zu diesem Begehren führt das BAG aus:
„Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen. Zu der in § 40 Abs. 2 BetrVG in der ab 28. Juli 2001 geltenden Fassung erstmals ausdrücklich erwähnten Informations- und Kommunikationstechnik gehören insbesondere Computer mit entsprechender Software (BT-Drucks. 14/5741 S. 41). Der Betriebsrat kann die Überlassung eines PC nebst Zubehör und Software allerdings – ebenso wie die übrigen in § 40 Abs. 2 BetrVG genannten Sachmittel – vom Arbeitgeber nur verlangen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der ihm nach dem Gesetz obliegenden Aufgaben erforderlich ist. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats zu § 40 Abs. 2 BetrVG in der vor dem 28. Juli 2001 geltenden Fassung, in der Informations- und Kommunikationstechnik nicht ausdrücklich genannt war (vgl. etwa BAG 11. März 1998 – 7 ABR 59/96 – BAGE 88, 188 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 57 = EzA BetrVG § 40 Nr. 81; 11. November 1998 – 7 ABR 57/97 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 64; 12. Mai 1999 – 7 ABR 36/97 – BAGE 91, 325 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 65 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 87). Auch nach der Neuregelung des § 40 Abs. 2 BetrVG kann, was die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnik durch den Betriebsrat betrifft, von der Prüfung der Erforderlichkeit nicht abgesehen werden. Bereits nach dem Wortlaut von § 40 Abs. 2 BetrVG stehen Informations- und Kommunikationstechnik gleichrangig neben Räumen, sachlichen Mitteln und Büropersonal. Diese hat der Arbeitgeber jeweils in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu stellen. Die Neufassung des § 40 Abs. 2 BetrVG dient lediglich der Klarstellung (BT-Drucks. 14/5741 S. 41). Wie bisher bezweckt § 40 Abs. 2 BetrVG mit der Prüfung der Erforderlichkeit eines sachlichen Mittels, die übermäßige finanzielle Belastung des Arbeitgebers durch den Betriebsrat zu verhindern. Damit ließe sich nicht in Einklang bringen, gerade in dem kostenintensiven Bereich moderner Bürotechnik, anders als bei den übrigen Sachmitteln, auf die Prüfung der Erforderlichkeit zu verzichten (vgl. zur Nutzung von Internet und Intranet: BAG 3. September 2003 – 7 ABR 8/03 – BAGE 107, 231 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 79 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 6, zu B II 2 a der Gründe; 3. September 2003 – 7 ABR 12/03 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 78 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 5, zu B I 2 b der Gründe; 1. Dezember 2004 – 7 ABR 18/04 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 82 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 8, zu B II 2 a der Gründe; 23. August 2006 – 7 ABR 55/05 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 88, zu II 1 der Gründe) .
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats obliegt die Prüfung, ob ein vom Betriebsrat verlangtes Sachmittel zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist, dem Betriebsrat. Die Entscheidung hierüber darf der Betriebsrat nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Von ihm wird vielmehr verlangt, dass er bei seiner Entscheidungsfindung die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigt. Dabei hat er die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und berechtigte Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen (st. Rspr., vgl. etwa BAG 3. September 2003 – 7 ABR 12/03 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 78 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 5, zu B I 1 der Gründe; 3. September 2003 – 7 ABR 8/03 – BAGE 107, 231 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 79 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 6, zu B I der Gründe; 1. Dezember 2004 – 7 ABR 18/04 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 82 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 8, zu B I 1 der Gründe). Diese Grundsätze gelten auch für das Verlangen des Betriebsrats auf Überlassung von Informations- und Kommunikationstechnik (BAG 3. September 2003 – 7 ABR 8/03 – aaO, zu B II 2 a aa der Gründe).
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Das Landesarbeitsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass ein PC nicht bereits zur „Normalausstattung“ des Betriebsrats gehört. § 40 Abs. 2 BetrVG gewährt keinen Anspruch des Betriebsrats auf Überlassung einer nicht näher definierten „Normalausstattung“ (BAG 12. Mai 1999 – 7 ABR 36/97 – BAGE 91, 325 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 65 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 87, zu B I 2 der Gründe).
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Das Landesarbeitsgericht hat schließlich zu Recht angenommen, dass es für die Erforderlichkeit eines Sachmittels nicht genügt, dass durch seinen Einsatz die Geschäftsführung des Betriebsrats lediglich erleichtert wird oder sich rationeller gestalten lässt. Das Gesetz sieht geringere Anforderungen als die Erforderlichkeit nicht vor. Aus Gründen der Effektivität der Betriebsratsarbeit wird daher ein Sachmittel erst dann erforderlich, wenn ohne seinen Einsatz die Wahrnehmung anderer Rechte und Pflichten des Betriebsrats vernachlässigt werden müsste (BAG 11. März 1998 – 7 ABR 59/96 – BAGE 88, 188 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 57 = EzA BetrVG § 40 Nr. 81, zu B I 3 d und B II 3 a der Gründe; 11. November 1998 – 7 ABR 57/97 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 64, zu B 1 a der Gründe). Dies hat der Betriebsrat nicht dargelegt.
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Der Betriebsrat stützt seinen Anspruch nicht darauf, dass er einen PC nebst Zubehör und Software benötigt, um bestimmte betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben überhaupt (sachgerecht) wahrnehmen zu können. Er macht vielmehr geltend, seine Aufgaben, die er mit umfangreichen Schreibarbeiten, der Kontrolle der Einhaltung der Arbeits- und Pausenzeiten, der Verwaltung der Personaldaten und der Einsatzzeiten der von ihm repräsentierten Beschäftigten sowie der Personaleinsatzplanung und der Erarbeitung und Speicherung von Betriebsvereinbarungen umschreibt, mit Hilfe eines PC rationeller und effektiver erledigen zu können. Mit dieser Begründung könnte der Betriebsrat, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, die Überlassung eines PC nur dann für erforderlich halten, wenn er ohne diese Ausstattung andere Aufgaben vernachlässigen müsste. Die vom Betriebsrat dazu gegebene Begründung hat das Landesarbeitsgericht zu Recht für nicht ausreichend gehalten. Der Betriebsrat hat lediglich die betriebliche Situation mit der Vielzahl der von ihm zu betreuenden und zeitaufwändig zu besuchenden Verkaufsstellen, den Anliegen und Bedürfnissen der in den räumlich voneinander getrennten Verkaufsstellen beschäftigten Mitarbeiter und seine sich daraus ergebenden Aufgaben geschildert, ohne jedoch darzulegen, welche ihm obliegenden Aufgaben er in der Vergangenheit nicht oder nicht ordnungsgemäß erledigen konnte und weshalb dies anders wäre, wenn er über die begehrte Ausstattung mit einem PC verfügte.
Auch wenn der Betriebsrat in erheblichem Umfang Schreibarbeiten zu erledigen haben sollte und diese mit Hilfe eines PC schneller und einfacher zu bewältigen sein sollten als mit der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Schreibmaschine, genügte dies allein nicht, um die Nutzung eines PC als erforderlich iSd. § 40 Abs. 2 BetrVG erscheinen zu lassen.“
Im Ergebnis wurde damit der Antrag des BR auf Gestellung einer EDV-Ausstattung PCs abgewiesen.
Quelle: BAG, Beschluss vom 16.05.2007 (7 ABR 45/06). Die Entscheidung ist im Volltext abrufbar über die Homepage des BAG.