MICHAEL Rechtsanwaelte

BGH: Geltung des Abflussprinzips, Pauschalabzüge bei einzelnen Heiz- und Betriebskostenpositionen

Mit seinem Urteil vom 20.02.2008 (VIII ZR 27/07) hatte sich der BGH mit verschiedenen Aspekten der Berechnung einer Heiz- und Betriebskostenpositionen zu befassen. Gegenstand der Entscheidung war insbesondere, ob ein Vermieter (1.) nach dem sog. „Abflussprinzip“ abrechnen darf, wie (2.) bei der Position „Hauswartkosten“ nicht umlagefähige Kosten (Verwaltungs-, Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten) zu berücksichtigen sind und (3.) wie bei der Schätzung von Stromkosten der Heizungsanlage bei fehlendem Zähler zu verfahren ist.

Folgende Leitsätze stellte der BGH auf:

  1. §§ 556 ff. BGB legen den Vermieter bei der Abrechnung von Betriebskosten nicht auf eine Abrechnung nach dem so genannten Leistungsprinzip fest; auch eine Abrechnung nach dem Abflussprinzip ist grundsätzlich zulässig.
  2. Nimmt der Vermieter bei den Kosten des Hauswarts einen pauschalen Abzug nicht umlagefähiger Verwaltungs-, Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten vor, genügt ein schlichtes Bestreiten des Mieters. Dem Vermieter obliegt es in diesem Fall, die Kosten nachvollziehbar so aufzuschlüsseln, dass die nicht umlagefähigen Kosten herausgerechnet werden können.
  3. Die als Teil der Heizkosten abzurechnenden Stromkosten für die Heizungsanlage können geschätzt werden, wenn gesonderte Zähler dafür nicht vorhanden sind. Bestreitet der Mieter den vom Vermieter angesetzten Betrag, hat dieser die Grundlagen seiner Schätzung darzulegen.

1. Geltung des „Abflussprinzips“

Die Wirksamkeit des Abflussprinzips (neben dem Leistungsprinzip) wird durch den BGH nunmehr ausdrücklich bestätigt, wobei der diesbezügliche juristische Meinungsstreit umfassend dargestellt wird:

„Nach dem von der Revision für allein zulässig gehaltenen Leistungsprinzip (auch Zeitabgrenzungs- oder Verbrauchsprinzip genannt) sind diejenigen Betriebskosten abzurechnen, die für den jeweiligen Abrechnungszeitraum angefallen sind (ebenso LG Hamburg, NZM 2001, 806, 807). Das entspricht der in der Literatur überwiegend vertretenen Auffassung (Staudinger/Weitemeyer, BGB (2006), § 556 Rdnr. 117; Lammel, Wohnraummietrecht, 3. Aufl., § 556 Rdnr. 132; Schneider in: Müller/Walther, Miet- und Pachtrecht, Stand: Septem-ber 2007, § 556 Rdnr. 308 ff.; Betriebskostenkommentar/Rips, 2. Aufl., Rdnr. 1860, 1951; Both in: Herrlein/Kandelhard, Mietrecht, 3. Aufl., § 556 Rdnr. 60; Beyerle in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 2006, Kap. 11 Rdnr. 125, 142). Sofern nicht die Heizkostenverordnung anwendbar sei, könne ein anderes Abrechnungsprinzip zwar grundsätzlich vereinbart werden (Palandt/Weidenkaff, BGB, 67. Aufl., § 535 Rdnr. 93; zweifelnd Staudinger/Weitemeyer, aaO); sei eine solche Vereinbarung nicht getroffen worden, stehe dem Vermieter jedoch kein Wahlrecht zu (Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 10. Aufl., Rdnr. 3198a).

Demgegenüber wird auch eine Abrechnung nach dem so genannten Abflussprinzip (auch Abrechnung nach Rechnungen oder Ausgabenabrechnung genannt) für zulässig gehalten, nach dem die Beklagte verfahren ist. Danach kann der Vermieter alle Kosten, mit denen er selbst im Abrechnungszeitraum belastet wird, in die Abrechnung einstellen (LG Wiesbaden, NZM 2002, 944; Kinne in: Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 5. Aufl., § 556 Rdnr. 54a, 78a, m.w.N.).

Nach einer vermittelnden Auffassung kann der Vermieter nach dem Abflussprinzip jedenfalls dann abrechnen, wenn eine Mehrbelastung des Mieters ausgeschlossen ist, weil im Jahr des Verbrauchs beziehungsweise – soweit es sich um verbrauchsunabhängige Betriebskosten handelt – im Jahr der Verursachung und im Jahr der Abrechnung kein Mieterwechsel stattgefunden hat (LG Berlin, Zivilkammer 64, GE 2006, 725 und GE 1999, 1129, 1131; LG Berlin, Zivilkammer 62, MM 2004, 374 LS; LG Düsseldorf, DWW 1990, 51; Blank, DWW 1992, 65 f.).“

Entgegen der herrschenden Literaturauffassung spricht sich der BGH für die Wirksamkeit des Abflussprinzips aus:

„Den Vorschriften der §§ 556 ff. BGB und den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 14/4553, S. 50 ff.) ist nicht zu entnehmen, dass das Bürgerliche Gesetzbuch den Vermieter auf eine bestimmte zeitliche Zuordnung der Betriebskosten festlegt (vgl. Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 9. Aufl., § 556 Rdnr. 303; Bieber, BGH-Report 2006, 1340). Auch vertraglich ist die Klägerin nicht an eine bestimmte Abrechnungsmethode gebunden.

Aus § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB ist nicht herzuleiten, dass eine Betriebskostenabrechnung allein nach dem Leistungsprinzip zulässig wäre. Nach dieser Bestimmung sind Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung durch die Mieter abhängen, nach einem Maßstab umzulegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt. Diese Vorschrift trifft keine Bestimmung über die Zuordnung von Betriebskosten zu einem bestimmten Abrechnungszeitraum. Auch eine Betriebskostenabrechnung nach dem Abflussprinzip wird dem Verbrauch bzw. der Verursachung als Abrechnungsmaßstab gerecht.

§ 556 Abs. 3 Satz 1, 2 und 3 BGB stehen einer Betriebskostenabrechnung nach dem Abflussprinzip nicht entgegen. Danach ist die – jährlich vorzunehmende – Abrechnung dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen; nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter regelmäßig ausgeschlossen. Eine in Rechtsprechung und Literatur vertretene Auffassung, die sich auch die Revision zu Eigen macht, verweist darauf, dass für den Nachforderungsausschluss nach § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB bei einer Abrechnung nach dem Abflussprinzip kein Bedürfnis bestehe, weil sich dieser in erster Linie bei Abrechnungen nach dem Leistungsprinzip auswirke und bei Anwendung des Abflussprinzips kaum eintrete, und zieht daraus den Schluss, § 556 BGB erlaube nur die Abrechnung nach dem Leistungsprinzip (Staudinger/ Weitemeyer, aaO; Betriebskostenkommentar/Rips, aaO, Rdnr. 1953).

Diese Überlegung rechtfertigt indessen nicht die Schlussfolgerung, der Gesetzgeber habe eine Betriebskostenabrechnung nach dem Abflussprinzip ausschließen wollen. Die Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB und der durch § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB angeordnete Ausschluss von Nachforderungen sollen eine zeitnahe Abrechnung gewährleisten, damit der Mieter in einem überschaubaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Abrechnungszeitraum entweder über ein sich zu seinen Gunsten ergebendes Guthaben verfügen kann oder Gewissheit darüber erlangt, ob und in welcher Höhe er mit einer Nachforderung des Vermieters rechnen muss (Senatsurteil vom 14. Februar 2007 – VIII ZR 1/06, WuM 2007, 196 = NJW 2007, 1059, Tz. 12, m.w.N.).

Gegen die Zulässigkeit einer Betriebskostenabrechnung nach dem Abflussprinzip lässt sich auch nicht anführen, dass dem Mieter ein Vergleich der Kostenentwicklung über verschiedene Abrechnungsperioden hinweg erschwert werde (so aber Schneider, aaO, § 556 Rdnr. 310; vgl. auch Schmidt-Futterer/Langenberg, aaO, § 556 Rdnr. 305). Aus diesem Gesichtspunkt folgt nicht, dass dem Vermieter eine Abrechnung nach dem Abflussprinzip untersagt ist, denn ein solches Erfordernis richtet das Gesetz an eine Betriebskostenabrechnung nicht. Zudem ist die Anwendung des Abflussprinzips auch für den Mieter von Vorteil, weil ihm die Kontrolle der jeweiligen Betriebskostenabrechnung vereinfacht wird; denn er kann anhand des Fälligkeitsdatums der Rechnung des Versorgers leicht feststellen, ob ein in die Abrechnung eingestellter Betrag zum Abrechnungszeitraum gehört (vgl. Blank, DWW 1992, 65, 66).

Auch das Abflussprinzip ermöglicht grundsätzlich eine sachgerechte Umlage der Betriebskosten, indem es auf die Kosten abstellt, mit denen der Vermieter im Abrechnungszeitraum vom Leistungsträger jeweils tatsächlich belastet wird. Die Betriebskostenabrechnung vereinfacht sich dadurch jedenfalls für bestimmte Betriebskostenarten für den Vermieter unter Umständen erheblich (vgl. Blank in: Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 556 Rdnr. 101).

Ob der Vermieter in besonders gelagerten Fällen eines Mieterwechsels nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert sein könnte, Betriebskosten nach dem Abflussprinzip abzurechnen, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil das Mietverhältnis der Parteien durchgängig sowohl in den betreffenden Verbrauchs- und Verursachungs- als auch in den jeweiligen Abrechnungszeiträumen bestand.“

  

2. Hausmeisterkosten – Darlegungserfordernisse hinsichtlich nicht umlegbarer Betriebskostenanteile

Erbringt der Hauswart Leistungen für Instandhaltung, Instandsetzung, Erneuerung, Schönheitsreparaturen oder die Hausverwaltung, die nach der BetrKV nicht umlagefähig sind, muss ein gesonderter Ausweis der umlagefähigen und der nicht umlagefähigen Anteile erfolgen.

Wird „nur“ ein pauschaler Abzug der nicht umlagefähigen Positionen vorgenommen, so muss der Vermieter bei einem Bestreiten der Ordnungsgemäßheit des Abzugs „nachlegen“:

„Nach dem Mietvertrag der Parteien sind auch die Kosten des Hauswarts umlagefähig (§ 4 Nr. 3b). Zu den umlagefähigen Kosten für den Hauswart gehören die Vergütung, die Sozialbeiträge und alle geldwerten Leistungen, die der Eigentümer dem Hauswart für seine Arbeit gewährt, soweit diese nicht die Instandhaltung, Instandsetzung, Erneuerung, Schönheitsreparaturen oder die Hausverwaltung betrifft (Nr. 14 Satz 1 der Anlage 3 zu § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Oktober 1990, BGBl., I S. 2178 – II. BV; ab dem 1. Januar 2004: § 2 Nr. 14 Halbs. 1 der Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003, BGBl., I S. 2346 – BetrKV).

Der Vermieter muss die Kosten der umlagefähigen Hauswartstätigkeit einerseits und die nicht umlagefähigen Verwaltungs-, Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten andererseits nachvollziehbar aufschlüsseln, so dass die nicht umlagefähigen Kosten herausgerechnet werden können (LG Potsdam, WuM 2003, 743; LG Neuruppin, WuM 2004, 49, 50). Die Darlegungs- und Beweislast trifft nach einhelliger Ansicht den Vermieter (Staudinger/Weitemeyer, aaO, § 556 Rdnr. 40; Schmid, aaO, Rdnr. 5336; Schmidt-Futterer/Langenberg, aaO, § 556 Rdnr. 185; Blank in: Blank/Börstinghaus, aaO, § 556 Rdnr. 66; Betriebskostenkommentar/Wall, aaO, Rdnr. 3730). Die Darlegungs- und Beweislast erfährt durch die Formulierung „soweit … nicht“ (Nr. 14 Satz 1 der Anlage 3 zu § 27 II. BV; § 2 Nr. 14 Halbs. 1 BetrKV) keine Änderung. Die Vorschrift bezweckt nicht, dem Wohnraummieter das Risiko von Darlegungsmängeln sowie der Nichterweislichkeit aufzuerlegen, denn es handelt sich durchweg um Umstände aus der Sphäre des Vermieters (Schmid, aaO). Nicht umlagefähige Kosten bilden auch keine Ausnahme von der Regel, weil die Tätigkeit des Hauswarts von den vertraglichen Vereinbarungen und ihrer Handhabung im Einzelfall abhängt.

Entscheidend ist der tatsächliche Zeitaufwand des Hauswarts für die jeweiligen Arbeiten (Schmid, aaO, Rdnr. 5331; Betriebskostenkommentar/Wall, aaO, Rdnr. 3731; Riecke, WuM 2003, 663, 670). Die Leistungsbeschreibung im Vertrag des Vermieters mit dem Hauswart ist lediglich ein Indiz für den Umfang der nicht umlagefähigen Kosten (vgl. Schmidt-Futterer/Langenberg, aaO, Rdnr. 186). In den streitgegenständlichen Betriebskostenabrechnungen hat die Klägerin von den gesamten Kosten für den Hauswart lediglich pauschal 10 % als nicht umlagefähig abgesetzt. Gegenüber diesem pauschalen Vorbringen der Klägerin durften sich die Beklagten mit bloßem Bestreiten begnügen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1995 – X ZR 42/93, WM 1995, 1886, unter II 3; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 138 Rdnr. 8a, 10a; siehe auch Musielak/Stadler, ZPO, 5. Aufl., § 138 Rdnr. 10, m.w.N.).

Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts kommt es somit hier nicht darauf an, ob das Bestreiten der Beklagten deshalb als unzureichend (§ 138 Abs. 2 ZPO) qualifiziert werden kann, weil sie nicht von ihrem Recht Gebrauch gemacht haben, Einsicht in etwaige Abrechnungsbelege, wie Arbeitszettel, Stundenachweise oder Ähnliches, zu nehmen (so Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, 4. Aufl., K Rdnr. 18, m.w.N.; vgl. aber jetzt Schmidt-Futterer/Langenberg, aaO, § 556 Rdnr. 495 a.E.; ablehnend Schmid, aaO, Rdnr. 7027).“

  

3. Schätzung der Stromkosten (Heizung) bei fehlender Zähleinrichtung

Hierzu führt der BGH aus:

„… Demgemäß hat der Vermieter den Betriebsstrom für alle diejenigen Aggregate, von denen die Wärmeerzeugung abhängt, gesondert zu ermitteln. Sofern es, wie hier, für die Heizungsanlage keinen Zwischenzähler gibt, ist eine Schätzung durch den Vermieter zulässig (Schmidt-Futterer/Lammel, aaO, § 7 HeizkV Rdnr. 24; Betriebskostenkommentar/Wall, aaO). Die Grundlagen der Schätzung muss der Vermieter allerdings offen legen (Schmid, aaO, Rdnr. 4169, 5092). Dem ist die Klägerin nicht gerecht geworden. Sie hat den Anteil des Heizstroms in Abzug gebracht, ohne die Grundlagen der Schätzung darzutun. Das Berufungsgericht hat angesichts dessen zu Unrecht angenommen, die Beklagten hätten einen höheren Abzug darlegen müssen.“

(Anmerkung: Hervorhebungen erfolgten durch den Verfasser)
 

   

Linkhinweis:

Der Volltext der Entscheidung kann über die Homepage des Bundesgerichtshofs (www.bundesgerichtshof.de) abgerufen werden.

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