MICHAEL Rechtsanwaelte

BSG: Abfindungsvergleich im Kündigungsschutzprozess löst grundsätzlich keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld aus

Am 17.10.2007 (B 11a AL 51/06 R) hat das Bundessozialgericht entschieden, dass der Abschluss eines Vergleichs im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses, wonach der Kläger (mithin der gekündigte Mitarbeiter) für den den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung erhält, nicht automatisch zu einer Sperrzeit führt.

Hintergrund:

Arbeitnehmer, die das Beschäftigungsverhältnis lösen, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben, müssen grundsätzlich mit einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld gem. § 144 Abs.1 Nr.1 SGB III  rechnen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jeder Abfindungsvergleich in einem Kündigungsschutzprozess automatisch zu einer Sperrzeit führt. Ein solcher Vergleich ist regelmäßig unschädlich, wenn er

  1. kein Umgehungsgeschäft darstellt und
  2. die Arbeitslosigkeit nicht zu einem früheren Zeitpunkt herbeiführt als die Kündigung.

Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber das langjährige Arbeitsverhältnis gekündigt. Im Rahmen des hiergegen geführten Kündigungsschutzprozesses schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis zum Kündigungstermin enden und der Kläger eine Abfindung in Höhe von 95.000 DM netto erhalten sollte. Die beklagte Bundesagentur für Arbeit verhängte hiernach eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe.

Das BSG führte aus, „dass ein Vergleich im Kündigungsschutzprozess, mit dem das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung beendet wird, nicht automatisch zum Eintritt einer Sperrzeit führ[e]. Denn ebenso wie ein Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist, gegen eine Kündigung gerichtlich vorzugehen, kann es ihm auch regelmäßig nicht zum Nachteil gereichen, wenn er gegen die Kündigung vorgeht und im arbeitsgerichtlichen Verfahren ein Vergleich schließt. Daher löst ein gerichtlicher Vergleich, der die Arbeitslosigkeit – wie hier – nicht zu einem früheren Zeitpunkt als die Kündigung herbeiführt, grundsätzlich keine Sperrzeit aus.

Die sperrzeitrechtliche Privilegierung des arbeitsgerichtlichen Vergleichs entbindet allerdings nicht von einer genauen Prüfung der Umstände seines Zustandekommens, wenn Anhaltspunkte für ein Umgehungsgeschäft vorliegen. So ist es etwa denkbar, dass die Arbeitsvertragsparteien einvernehmlich den Weg über eine offensichtlich rechtswidrige Arbeitgeberkündigung mit anschließender Kündigungsschutzklage beschreiten, um dort einen arbeitsgerichtlichen Vergleich abzuschließen und so den Eintritt einer Sperrzeit zu verhindern. Die Sache wurde an das LSG zurückzuverweisen, da es noch keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob es Anhaltspunkte für ein Umgehungsgeschäft gibt.

Praxishinweis:

Mit der Entscheidung führt das BSG konsequent seine Judikatur (vgl. Urteil des BSG vom 12.7.2006, B 11a AL 47/05) fort, wonach auch der Abschluss eines (aussergerichtlichen) Aufhebungsvertrages nicht in jedem Fall die Verhängung einer Sperrzeit gestattet. In dem einem wie dem anderen Fall komme es stets auf eine Wertung der Umstände des Einzelfalls an, welche eine schematische Anwendung der Sperrzeit-Kriterien verbieten. 

Linkhinweis:

Zu der Entscheidung liegt erst ein Terminbericht vor, der über die Internetpräsenz des BSG (www.bundessozialgericht.de) abgerufen werden kann.

« »