MICHAEL Rechtsanwaelte

LG München I: Keine Störerhaftung des Anschlussinhabers bei unerlaubtem Filesharing

Das Landgericht München I (Urt. v. 04.10.2007 – Az.: 7 O 2827/07) hat entschieden, dass ein Arbeitgeber nicht alleine aufgrund der Bereitstellung eines Internetanschlusses für Urheberrechtsverletzungen seines Arbeitnehmers haftet. Es sei jedenfalls kleineren Unternehmen nicht zuzumuten, ohne konkrete Anhaltspunkte, dass dies notwendig sein könnte, den Zugriff eines Mitarbeiters auf Internetinhalte durch unspezifische Filterprogramme oder gar durch Abschaltung des Internetzugangs zu beschränken.

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hat ein Radiosender in München eine Abmahnung erhalten, weil ein Volontär über einen der Firmen-Rechner über eine Internet-Tauschbörse Musikstücke zum Download angeboten hatte. Die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung hat der Radiosender jedoch nicht abgegeben, sondern gegen die abmahnenden Rechteinhaber eine Gegenabmahnung ausgesprochen. Mit der Klage beim Landgericht München I hat der Radiosender zum einen die Feststellung beantragt, dass die geltend gemachten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche nicht bestehen. Zum anderen hat er beantragt, die Rechteinhaber zur Zahlung der Kosten für die Gegenabmahnung zu verurteilen. 

Der negativen Feststellungsklage des Radiosenders hat des Landgericht München I im vollem Umfang stattgegeben. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Gegenabmahnung hat das Gericht dagegen verneint.

Eine Unterlassungsanspruch der Beklagten bestehe nicht, weil die Voraussetzungen der Störerhaftung nicht vorlägen. Der Klägerin sei es nicht zuzumuten gewesen, ohne konkrete Anhaltspunkte, dass dies notwendig sein könnte, den Zugriff des Volontärs auf Internetinhalte durch Filterprogramme oder gar durch Abschalten des Internetzugangs zu beschränken, denn dies hätte dazu geführt, dass auch erwünschte und legale Internetinhalte, die für die Internetpräsenz der Klägerin bestimmt gewesen seien, herausgefiltert worden wären.

Ferner liege es auf der Hand, dass der Klägerin eine ständige manuelle Kontrolle der Tätigkeit des Volontärs, dem die Pflege des Internetauftritts der Klägerin alleinverantwortlich anvertraut war, nicht zuzumuten gewesen sei. Stellte man eine derartige Verpflichtung auf, würden kleine Rundfunkunternehmen wie das der Klägerin vom Markt verschwinden, da sie sich diesen Aufwand nicht leisten könnten. Ein derart schwerwiegender Eingriff in die Rundfunk- und Meinungsfreiheit erscheine keinesfalls verhältnismäßig.

Auch bestehe kein Anspruch auf Schadensersatz, da es an einem Verschulden fehle. Denn der oder die unmittelbaren Täter hätten jedenfalls keine Organstellung bei der Klägerin innegehabt, so dass eine Zurechnung des Verschuldens über § 31 BGB ausscheide.

Eine Haftung der Klägerin nach § 831 I Satz 1 BGB setze demgegenüber voraus, dass der Mitarbeiter in Ausführung der Verrichtung und nicht nur gelegentlich gehandelt hat. Diese Voraussetzung liege nicht vor, da der Volontär rein privat und entgegen seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen gehandelt habe. Darüber hinaus hätte sich die Klägerin bei der Einstellung des Volontärs von dessen Zuverlässigkeit überzeugt und es hätten während seiner Tätigkeit keinerlei Anhaltspunkte dafür bestanden, dass dieser Musikdateien über Filesharing-Programme austauschte. Der Klägerin sei daher jedenfalls der Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB gelungen.

Aus der Tatsache, dass auf dem bereitgestellten Computer keine Firewall installiert gewesen sei, liesse sich auch kein fahrlässiges Organisationsverschulden der Organe der Klägerin ableiten, da im Zeitraum bis zu den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass der Volontär Musikdateien über Filesharing-Programme austauschte.

Einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Gegenabmahnung hat das Gericht dagegen abgelehnt. Die Geltendmachung einer unberechtigten Geldforderung stelle keinen unerlaubten Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar, da es an der Zielgerichtetheit des Eingriffs fehle. Die Kosten seiner Gegenabmahnung könne der Abgemahnte nur dann ausnahmsweise erstattet verlangen kann, wenn die Abmahnung in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht auf offensichtlich unzutreffenden Annahmen beruhe, bei deren Richtigstellung mit einer Änderung der Auffassung des vermeintlich Verletzten gerechnet werden könne, oder wenn seit der Abmahnung ein längerer Zeitraum verstrichen sei und der Abmahnende in diesem entgegen seiner Androhung keine gerichtlichen Schritte eingeleitet hat (WRP 2004, 1032 – Gegenabmahnung mwN; WRP 2006, 106, 107 – unberechtigte Abmahnung).

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