LAG Sachsen: 3-Wochenfrist des § 4 S.1 KSchG gilt nicht für Eigenkündigung des Arbeitnehmers
Kündigt ein Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis und macht er später die Unwirksamkeit dieser Kündigung geltend, so ist er nach der Entscheidung des LAG Sachsen vom 16.11.2007 (2 Sa 100/07) nicht an die Drei-Wochen-Frist des § 4 S.1 KSchG gebunden. Die Norm findet auf eine arbeitnehmerseitige Eigenkündigung keine Anwendung.In der zugrunde liegenden Entscheidung war der Kläger bei der Beklagten als „stellvertretender Schichtführer Verladung“ beschäftigt. Er hatte die Rückgabe von Paletten bescheinigt, obwohl er dies nicht kontrolliert hatte und er wusste, dass in letzter Zeit Paletten entwendet worden waren. Nachdem weitere Paletten verschwunden waren und die Beklagte von den fehlenden Kontrollen des Klägers erfahren hatte, stellte sie ihn zur Rede. Daraufhin kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis selbst fristlos. Kurze Zeit später erklärte der Kläger die Anfechtung seiner Kündigungserklärung, weil er zur Abgabe durch widerrechtliche Drohung bestimmt worden sei. Die Beklagte habe ihm mitgeteilt, er würde fristlos gekündigt, wenn er es nicht selbst tue.
Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos. Mit seiner hiergegen gerichteten, mehr als drei Wochen nach seiner Eigenkündigung erhobenen Klage machte der Kläger geltend, dass seine Kündigung infolge der Anfechtung gegenstandslos geworden und die Kündigung der Beklagten unwirksam sei. Die Klage hatte sowohl vor dem ArbG als auch vor dem LAG keinen Erfolg.
Das LAG Sachsen befasste sich zunächst mit der Frage, ob die Klage nicht bereits deswegen unbegründet sei, weil der Kläger sie mehr als drei Wochen nach seiner Eigenkündigung erhoben hat – und verneinte diese letztlich:
Hierzu führte das Gericht aus, dass die Drei-Wochen-Frist gemäß § 4 S.1 KSchG auf arbeitnehmerseitige Eigenkündigungen keine Anwendung finde. Arbeitnehmer müssen diese Frist nur einhalten, wenn sie die Rechtsunwirksamkeit einer Arbeitgeber-Kündigung geltend machen wollen. Die Frist gelte auch nicht für den Einwand, die Eigenkündigung sei infolge der Anfechtung nichtig. Für Anfechtungen gelten nach dem BGB eigene Fristen, die durch § 4 S.1 KSchG nicht verdrängt werden.
Darüber hinaus ging das LAG auch nicht von einer wirksamen Anfechtung der Kündigungserklärung des Arbeitnehmers aus, so dass die Klage letztlich keinen Erfolg hatte. So habe der Arbeitnehmer nicht nachgewiesen, dass er durch eine widerrechtliche Drohung der Beklagten zur Abgabe der Kündigungserklärung bestimmt worden ist. Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Kündigung oder Abmahnung in Aussicht, so kann hierin zwar grundsätzlich eine widerrechtliche Drohung im Sinn von § 123 Abs.1 BGB liegen. Das gilt aber nur, wenn ein verständiger Arbeitgeber aufgrund des vorliegenden Sachverhalts eine Kündigung nicht ernsthaft in Betracht gezogen hätte. Im Streitfall hätte auch ein verständiger Arbeitgeber eine Kündigung in Betracht gezogen. Denn der Kläger hat seine arbeitsvertraglichen Pflichten im erheblichem Maße verletzt, indem er trotz der bekannten Probleme die Rückgabe von Paletten bescheinigt hat, ohne diese zu kontrollieren.
Linkhinweis:
Der Volltext der Entscheidung ist auf den Webseiten des Sächsischen LAG (http://www.justiz.sachsen.de/lag/) veröffentlicht.
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