MICHAEL Rechtsanwaelte

VerwG Bayern: Keine Sozialhilfe für Ganzkörpermassage mit „sexueller Komponente“

Leistungen zur Befriedigung sexueller Bedürfnisse gehören nicht zu en Aufgaben der Eingliederungshilfe. Dies hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) mit Urteil vom 10. Mai 2006 entschieden und damit die Klage eines schwerstbehinderten Soziahilfeempfängers auf Übernahme der Kosten für neun Ganzkörpermassagen mit „sexueller Komponente“ abgewiesen.

Nach Auffassung des Gerichts gehört der Kläger aufgrund seiner Schwerstbehinderung – er kann mit der Restfunktion seiner linken Hand lediglich ein Notrufsystem bedienen – zwar zu den Personen, die durch eine Behinderung wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt sind. Die Gewährung von Eingliederungshilfe setze aber zudem voraus, dass durch die Maßnahmen der Eingliederungshilfe dem Betroffenen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht oder erleichtert werde. Diessei bei der begehrten Befriedigung sexueller Bedürfnisse durch Ganzkörpermassagen nicht der Fall, da diese Maßnahmenausschließlich in einem von der Außenwelt abgesonderten, geschützten Intimbereich stattfänden. Auch wenn sie eine körperliche und seelische Entspannung bewirkten, so genüge dies nicht für die Annahme, dass dadurch die Teilnahme amgesellschaftlichen Leben, d.h. persönliche Kontakte zu anderen Menschen, ermöglicht oder erleichtert werden würde.

Die Übernahme der streitigen Kosten im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt scheide ebenfalls aus. Obschon der Bedarf an den genannten Massagen zu den vom notwendigen Lebensunterhalt umfassten persönlichen Bedürfnissen und damit zur Hilfe zum Lebensunterhalt gehöre, habe der Kläger nicht im Einzelnen nachgewiesen, dass er seinen notwendigen Lebensunterhalt infolge der Massagekosten nicht vollständig habe decken können. Er habe demnach keinen Anspruch auf Erhöhung des Sozialhilferegelsatzes. Es erscheine vielmehr zumutbar, dass der Kläger die ihm zum Ausgleich von Mobilitätsdefiziten gewährte, pauschale Eingliederungshilfe auch zur Deckung des beanspruchten Mehrbedarfs verwende.

Die Revision gegen dieses Urteil wurde nicht zugelassen; der Kläger kann dagegen Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erheben.

(Bayer. Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 10. Mai 2006, Az. 12 BV06.320)
Urteil im Volltext: 12 BV 06.320 

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