MICHAEL Rechtsanwaelte

BGH: Abweichung der Wohnfläche von mehr als 10% kann fristlose Kündigung rechtfertigen

von Rechtsanwalt Christoph Wink
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht 

Mit Urteil vom 29.04.2009 (VIII ZR 142/08) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine erhebliche Abweichung der tatsächlichen von der vertraglich vereinbarten Wohnfläche (regelmäßig bei mehr als 10%) einen wichtigen Grund darstellt, der den Mieter zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages berechtigt. (mehr …)

Bundesministerium der Justiz veröffentlicht neuen Leitfaden zum Vereinsrecht

Einen aktuellen (Stand April 2009) und sehr umfassenden Leitfaden hat das Bundesministerium der Justiz veröffentlicht. (mehr …)

Einführung des Pfändungsschutzkontos („P-Konto“) beschlossen

Im Bundestag wurde am 23.04.09 der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Kontopfändungsschutzes beschlossen. Über den Inhalt der vorgesehenen Regelungen informiert das Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz:

´Mit der Reform des Kontopfändungsschutzes wird erstmalig ein sog. Pfändungsschutzkonto („P-Konto“) eingeführt. Auf diesem Konto erhält ein Schuldner für sein Guthaben einen automatischen Basispfändungsschutz in Höhe seines Pfändungsfreibetrages (985,15 Euro pro Monat bei Ledigen ohne Unterhaltsverpflichtungen). Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchen Einkünften dieses Guthaben herrührt. Künftig genießen damit auch Selbstständige Pfändungsschutz für ihr Kontoguthaben. Jeder Kunde kann von seiner Bank oder Sparkasse verlangen, dass sein Girokonto als P-Konto geführt wird.

„Mit dem P-Konto entbürokratisieren wir das Verfahren zum Pfändungsschutz und gestalten es deutlich einfacher. Künftig kann jeder Inhaber eines Girokontos automatisch Pfändungsschutz erhalten. Damit vermeiden wir, dass das Konto wegen der bestehenden Pfändung blockiert wird und die Bank deshalb das Konto kündigt. Ein Girokonto ist heutzutage die Voraussetzung für die Teilnahme am Arbeits- und Wirtschaftsleben. Vermieter sind häufig nicht bereit, Mietverträge abzuschließen, wenn der Wohnungsinteressent keine Kontoverbindung nachweist, Telefon- und Stromanbieter wollen ihre Rechnungen per Lastschrift von einem Konto abbuchen. Selbst der Arbeitsplatz hängt nicht selten davon ab, dass der Arbeitnehmer ein Konto nachweisen kann, auf das der Arbeitgeber das Gehalt oder den Lohn überweisen kann – die Lohntüte gibt es nicht mehr. Mit dem P-Konto sorgen wir dafür, dass Bürgerinnen und Bürger künftig nicht mehr wegen Kontolosigkeit vom bargeldlosen Zahlungsverkehr ausgeschlossen und in einen Schuldenkreislauf gedrängt werden“, erläuterte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Nach bisheriger Rechtslage führt die Pfändung eines Bankkontos dazu, dass die anfallenden Zahlungsgeschäfte des täglichen Lebens wie Begleichung von Miete, Energiekosten oder Versicherungen nicht mehr über das Konto abgewickelt werden können. Um Pfändungsschutz für den pfändungsfreien Selbstbehalt des Kontoguthabens zu erlangen, braucht der Schuldner in vielen Fällen eine Gerichtsentscheidung. Häufig ist dies nicht rechtzeitig möglich, so dass Kosten für verspätete oder nicht ausgeführte Zahlungen anfallen. Erschwert wird der Pfändungsschutz dadurch, dass er bei Guthaben aus Arbeitseinkommen anders ausgestaltet ist als bei Guthaben aus Sozialleistungen. Der bisherige Pfändungsschutz führt daher bei Banken und Gerichten zu unnötig hohem Vollzugsaufwand.

Zu den Schwerpunkten der Reform im Einzelnen:

1. Automatischer Pfändungsschutz
Ein Kontoguthaben in Höhe des Pfändungsfreibetrages nach § 850c ZPO (zur Zeit 985,15 ¤) wird nicht von einer Pfändung erfasst („Basispfändungsschutz“). Das bedeutet, dass aus diesem Betrag Überweisungen, Lastschriften, Barabhebungen, Daueraufträge etc. getätigt werden können.

Der Basisbetrag wird für jeweils einen Kalendermonat gewährt. Anders als nach geltendem Recht kommt es auf den Zeitpunkt des Eingangs der Einkünfte nicht mehr an. Wird der pfändungsfreie Anteil eines Guthabens in einem Monat nicht ausgeschöpft, wird er auf den folgenden Monat übertragen. In diesem Rahmen kann der Schuldner Guthaben für Leistungen ansparen, die nicht monatlich, sondern in größeren Zeitabständen zu erfüllen sind (z. B. Versicherungsprämien).  Auf die Art der Einkünfte kommt es für den Pfändungsschutz nicht mehr an. Damit entfällt auch die Pflicht, die Art der Einkünfte (Arbeitseinkommen, Sozialleistungen wie Rente, Arbeitslosengeld etc.) gegenüber Banken und Gerichten nachzuweisen. Auch das Guthaben aus den Einkünften Selbstständiger und aus freiwilligen Leistungen Dritter wird künftig bei der Kontopfändung geschützt.
Der pfändungsfreie Betrag kann durch Vorlage entsprechender Bescheinigungen von Arbeitgebern, Schuldnerberatungsstellen und Sozialleistungsträgern (z. B. über Unterhaltspflichten und bestimmte Sozialleistungen) beim Kreditinstitut erhöht werden. Eine Erhöhung oder eine Herabsetzung des Basispfändungsschutzes ist außerdem in besonders gelagerten Einzelfällen auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung möglich.

  
2. Pfändungsschutz nur auf dem P-Konto
Der automatische Pfändungsschutz kann nur für ein Girokonto gewährt werden. Dieses besondere Konto – P-Konto – wird durch eine Vereinbarung zwischen Bank und Kunde festgelegt. Das Gesetz sieht vor, dass ein Anspruch auf Umwandlung eines bereits bestehenden Girokontos in ein P-Konto innerhalb von vier Geschäftstagen besteht. Die Umstellung wirkt rückwirkend zum Monatsersten. Ein Anspruch auf die neue Einrichtung eines P-Kontos besteht allerdings nicht. Ab 1. Januar 2012 wird der Kontopfändungsschutz ausschließlich durch das P-Konto gewährleistet.

3. Besonderer Schutz für bestimmte Leistungen wie Kindergeld und Sozialleistungen
Kindergeld und Sozialleistungen – etwa nach dem Sozialgesetzbuch II – werden künftig bei ihrer Gutschrift auf dem P-Konto besser geschützt. Beträge müsse nicht mehr binnen sieben Tagen abgehoben werden. Kindergeld wird zusätzlich geschützt. Es kommt also zum Basispfändungsschutz hinzu. Wertungswidersprüche zwischen Vollstreckungs-, Steuer- und Sozialrecht werden damit vermieden.

4. Pfändungsschutz für sämtliche Einkünfte Selbstständiger
Die Reform schafft einen besseren und effektiveren Pfändungsschutz für sämtliche Einkünfte selbstständig tätiger Personen, da das künftige Recht alle Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit wie Arbeitseinkommen und Sozialleistungen behandelt.

5. Vermeidung von Missbräuchen beim P-Konto
Jede natürliche Person darf nur ein P-Konto führen. Die Kreditinstitute werden ermächtigt, der SCHUFA die Einrichtung eines P-Kontos zu melden und bei jedem Antrag eines Kunden auf Führung eines P-Kontos zu überprüfen, ob für diese Person bereits ein P-Konto besteht. Kreditinstitute holen bereits heute bei jeder Eröffnung eines Girokontos in der Regel eine SCHUFA-Auskunft ein. Die Auskunft der SCHUFA gegenüber den Kreditinstituten soll nunmehr um das Merkmal „P-Konto“ erweitert werden. Die Kreditwirtschaft hat angekündigt, von der erweiterten Auskunftsbefugnis auch Gebrauch zu machen, um zu einem möglichst lückenlosen Schutz vor einem Missbrauch des P-Kontos beizutragen. Die SCHUFA darf das zusätzliche Merkmal nur für die Bankauskunft verwenden, nicht für die Beantwortung von Anfragen zur Kreditwürdigkeit oder für die Berechnung von sog. Score-Werten. Flankierend zu dieser präventiven Maßnahme wird Gläubigern in Missbrauchsfällen ein zügiges Verfahren an die Hand gegeben, die Wirkungen weiterer P-Konten zu beseitigen.

6. Inkrafttreten
Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Damit die Kreditwirtschaft ausreichend Zeit zur Umstellung hat, ist ein Zeitraum von 12 Monaten zwischen Verkündung und Inkrafttreten vorgesehen. Voraussichtlich wird das P-Konto Mitte 2010 zur Verfügung stehen.

„Das P-Konto ist der richtige Weg. In der gegenwärtigen Situation sind viele Bürgerinnen und Bürger verunsichert, ob mit der Krise an den Finanzmärkten und in der Realwirtschaft mittelfristig auch ganz persönliche Schwierigkeiten verbunden sein werden. Arbeitslosigkeit kann insbesondere Familien schnell in die Überschuldung führen. Mit der Reform des Kontopfändungsschutzes setzen wir ein deutliches Zeichen, dass die ganz individuellen Belange der Bürgerinnen und Bürger gegenüber den globalen Fragen der Finanzkrise nicht in den Hintergrund treten“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Beispielsfälle

1. Fall:
Das monatliche Nettoarbeitseinkommen in Höhe von 1000 Euro wird am Monatsersten auf das Girokonto eines alleinstehenden Angestellten überwiesen. Pfändung des Bankguthabens am 15. Juni; es besteht ein Guthaben in Höhe von 1000 Euro.

a) derzeitige Rechtslage
Mit der Pfändung kann der Schuldner nicht mehr über sein Kontoguthaben verfügen. Der Pfändungsschutz, der für die Pfändung von Arbeitseinkommen beim Arbeitgeber gilt, ist von der Bank bei der Gutschrift auf dem Bankkonto nicht zu berücksichtigen. Mit einem Antrag beim Vollstreckungsgericht kann der Schuldner aber eine Freigabe seines pfändungsgeschützten Arbeitseinkommens erreichen. Da die Pfändung (hier: 15. des Monats) nach dem Zahlungstermin (hier: 1. des Monats) liegt, kann der Schuldner aber nur eine anteilige Freigabe seines Kontoguthabens für die Zeit von der Pfändung (hier: 15. des Monats) bis zum nächsten Zahlungstermin (hier: 1. des Folgemonats) erreichen. Das Vollstreckungsgericht hat den Gläubiger zu dem Antrag zu hören. Es kann aber vorab schon die Pfändung des Guthabens teilweise aufheben, damit der Schuldner bis zum nächsten Zahlungstermin seinen notwendigen Unterhalt bestreiten und seine laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten erfüllen kann (§ 850k der Zivilprozessordnung).

Berechnung des pfändungsfreien und daher freizugebenden Betrages durch das Gericht:

Nettoeinkommen

 1000,00 Euro

Pfändungsfrei (bezogen auf 1 Monat)

 989,60 Euro

 Pfändungsfreier Anteil für die Zeit vom 15. bis 30. Juni:

989,60 Euro x 15
30

 = 989,60 Euro : 2 = 494,80 Euro 

b) künftige Rechtslage
Das Kreditinstitut berücksichtigt unabhängig vom Zeitpunkt der Pfändung einen pfändungsfreien Guthabensbetrag von 985,15 Euro auf dem P-Konto. Es bedarf keiner gerichtlichen Entscheidung; eine zeitanteilige Berechnung entfällt. Der Schuldner hat – wie bisher – noch die Möglichkeit, weiteren Pfändungsschutz bei Gericht zu beantragen, z. B. wegen eines erhöhten Bedarfs aus persönlichen Gründen wie Krankheit etc.    

2. Fall:
Wie Fall 1, aber der Schuldner ist verheiratet, hat ein Kind und verdient 1200 Euro netto.

a) derzeitige Rechtslage
Berechnung des pfändungsfreien und daher freizugebenden Betrages durch das Gericht:

Nettoeinkommen:

1200 Euro 

Pfändbarer Anteil des Arbeitseinkommens
(Freibeträge nach § 850 c ZPO)
985,15 Euro für den Schuldner,
370,76 Euro für die Ehefrau und
206,56 Euro für das Kind
= 1562,47 Euro

 0 Euro

Pfändungsfrei (bezogen auf 1 Monat)

 1200 Euro

Pfändungsfreier Anteil für die Zeit vom 15. bis 30. Juni:

1200 Euro x 15
30

 = 1200 Euro : 2 = 600 Euro 

Pfändungsfrei ist ein Betrag in Höhe von 600 Euro und daher vom Gericht freizugeben.

b) künftige Rechtslage
Das Kreditinstitut berücksichtigt unabhängig vom Zeitpunkt der Pfändung automatisch einen pfändungsfreien Guthabensbetrag von 985,15 Euro. Es bedarf keiner gerichtlichen Entscheidung; eine zeitanteilige Berechnung des Freibetrages entfällt. Kann der Schuldner seine Unterhaltspflichten gegenüber seiner Ehefrau und seinem Kind durch eine Bescheinigung seines Arbeitgebers, der Familienkasse, eines Sozialleistungsträgers oder einer Schuldnerberatungsstelle gegenüber dem Kreditinstitut belegen, hat dieses von sich aus einen pfändungsfreien Guthabensbetrag von 1200 Euro zu beachten. Der Schuldner kann aber auch eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts beantragen; dann hat die Bank auf der Grundlage der Gerichtsentscheidung den höheren pfändungsfreien Guthabensbetrag auf dem Konto zu berücksichtigen.

3. Fall:
Das Guthaben des Bankkontos eines selbstständig tätigen Unternehmers in Höhe von 1000 Euro wird gepfändet. Auf dem Konto werden nicht wiederkehrende Vergütungen für Dienstleistungen des Unternehmers gutgeschrieben.

a) derzeitige Rechtslage
Es besteht kein Pfändungsschutz, da die Vergütung nicht zu den bei der Kontopfändung geschützten Einkünften wie Arbeitseinkommen, Sozialleistungen etc. gehört.

b) künftige Rechtslage
Pfändungsschutz besteht in gleichem Umfang wie bei abhängig Beschäftigten. Auf die Darstellung zum künftigen Recht bei den Fällen 1 und 2 wird daher verwiesen.

Weitere Einzelheiten zum Gesetzentwurf finden sich unter www.bmj.de/p-konto. ´

  

Quellenhinweis

Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz (www.bmj.bund.de).

Bei Bezug von Arbeitslosengeld II sind Abfindungen aus einem arbeitsgerichtlichen Vergleich zu berücksichtigendes Einkommen

Das Bundessozialgerichts (Aktenzeichen: 4 AS 47/08 R) hat am 03. März 2009 entschieden, dass die in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vereinbarte Abfindung beim Arbeitslosengeld II als Einkommen leistungsmindernd zu berücksichtigen ist.
(mehr …)

BAG: Rechtsprechungsänderung – Urlaubsabgeltung trotz krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit

Mit Urteil vom 24.03.09 (9 AZR 983/07) hat das BAG – in ausdrücklicher Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung – entschieden, dass ein Urlaubs-(abgeltungs-)anspruch nicht erlischt, wenn der Urlaubsanspruch aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bis zum Ende des Übertragungszeitraums nicht erfüllt werden kann. (mehr …)

BGH: Mieterhöhungsverlangen muss nicht in jedem Fall Mietspiegel beigefügt werden

Mit Urteil vom 11. 03.09 (VIII ZR 74/08) hat der Bundesgerichtshof wiederholt klargestellt, dass es für ein ordnungsgemäßes Mieterhöhungsverlangen nicht zwingend erforderlich ist, den Mietspiegel beizufügen. Vielmehr reiche es aus, wenn dieser ohne weiteres eingesehen werden kann (hier: im Kundencenter des Vermieters). (mehr …)

BGH: Formularmäßige Abwälzung des Außenanstrichs auf Mieter – und damit Gesamtregelung über Schönheitsreparaturen – unwirksam

Mit Urteil vom 18.02.2009 (VIII ZR 210/08) hat der BGH abermals über die Wirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel – und im Ergebnis zugunsten des Mieters – entschieden: Verpflichtet eine in einem Mietvertrag enthaltene Klausel über die Vornahme von Schönheitsreparaturen den Mieter dazu, auch den Außenanstrich von Türen und Fenstern vorzunehmen, ist nicht nur diese Verpflichtung gegenstandslos – vielmehr ist die gesamte Klausel hinsichtlich der Durchführung von Schönheitsreparaturen unwirksam. (mehr …)

BSG: Unwiderrufliche Freistellung eines Arbeitnehmers läßt Versicherungspflicht NICHT (mehr) entfallen

von Rechtsanwalt Christoph Wink
Fachanwalt für Arbeitsrecht
 

  

Mit seinem Urteil vom 24.09.2008 (B 12 KR 22/07 R)  hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass die vereinbarte, unwiderrufliche Freistellung eines Mitarbeiters bis zu dem Zeitpunkt seines Ausscheidens nicht zu einem Fortfall der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung führt – und damit zu einer erheblichen Rechtssicherheit im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen beigetragen. (mehr …)

Kündigung während Krankheit des Arbeitnehmers unzulässig ?

von Rechtsanwalt Christoph Wink
Fachanwalt für Arbeitsrecht 

Nicht selten sind Arbeitnehmer (zum Teil auch Arbeitgeber) der Ansicht, dass während des Zeitraums, in dem ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist, der Ausspruch einer Kündigung unzulässig ist – ein klarer Rechtsirrtum. (mehr …)

Kündigung – Was ist zu tun ?

Ein Schreiben flattert ins Haus: Der Job ist weg. Wenn der erste Schreck verdaut ist, sind ein paar Regeln zu beachten.

Fristen, Fristen, Fristen
Bei allen Überlegungen, wie es weitergeht, müssen Sie die Zeit im Auge behalten: Wer sich gegen eine Kündigung gerichtlich wehren will, hat eine Frist von drei Wochen einzuhalten. Bis zum Ende dieser Frist muss eine Kündigungsschutzklage breits bei dem zuständigen Arbeitsgericht eingegangen sein. Dies gilt für alle Kündigungsschutzklagen, ob die Entlassung fristlos oder fristgerecht war, ob sie verhaltens-, personen- oder betriebsbedingt erfolgte. Die Zeit läuft, sobald die Kündigung zugegangen ist. Das ist sie, wenn der Arbeitnehmer in der Lage war, sie zur Kenntnis zu nehmen. Über den Zeitpunkt des Zugangs gibt es im Nachhinein oft Streit. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu entschieden, dass eine Kündigung per Post „innerhalb der allgemeinen Postzustellzeiten“ im Kasten des Arbeitnehmers landen muss, also nicht kurz vor Mitternacht, sondern zu einer Zeit, wo der Mitarbeiter mit Post rechnet, das ist spätesten bis 16:00/17:00 Uhr nachmittags.

Gibt es Formfehler?
Viele Kündigungen scheitern bereits an Formalien. So müssen sie schriftlich erfolgen (§ 623 BGB), die elektronische Form scheidet aus. Außerdem sollte ist darauf zu achten, wer gekündigt hat. War der Unterzeichner zuständig und ist er dazu vertretungsbefugt? Haben etwa bei Personengesellschaften alle Gesellschafter unterschrieben? Brauchte der Unterzeichner eine Vollmacht? Wenn nein, ist die Kündigung unverzüglich mit diesem Hinweis zurückzuweisen und damit schon allein deshalb unwirksam.

Betriebsrat?
Falls ein Betriebsrat existiert, muss er vor einer ordentlichen Kündigung angehört werden. Das geht bei erstaunlich vielen Arbeitgeber daneben. Znd: Oft geben sie den Betriebsräten auch nicht genug Informationen, die diese benötigen. Eine wirksame Kündigung kann auch daran scheitern.

Informationen sammeln
Bei so genannten betriebsbedingten Kündigungen muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl vornehmen. Vor Gericht stellt sich dann oft die Frage, ob es die Richtigen getroffen hat. Die Kläger können argumentieren, dass es weniger schutzwürdige Kandidaten gab als sie. Dafür sollte man sich möglichst viele Informationen über eine Umstrukturierung beschaffen, von Kollegen oder vom Betriebsrat. Dies gilt auch bei Kündigungen wegen schlechter Leistungen. In diesen Fällen sollten Sie sich erkundigen, welche Fehler einem vorgeworfen werden und dann Gegenbeweise sammeln. Vielleicht hat der Arbeitgeber zum Beispiel eine Fortbildung verweigert?

Vorsicht mit dem Klageverzicht
Viele Arbeitgeber nutzen bei betriebsbedingten Kündigungen § 1a Kündigungsschutzgesetz: Sie bieten dem Gekündigten eine Abfindung an, wenn er dafür auf eine Klage verzichtet. Dieses Angebot müssen Sie nicht ausdrücklich annehmen. Es reicht, wenn man die Klagefrist auslaufen lässt. Schweigen und nicht klagen gilt als Annahme der Abfindung. Aber oft verlangten Arbeitgeber eine schriftliche Annahme der Abfindung. Diese Erklärung lässt sich später so gut wie nie aus der Welt schaffen. Hier sind die Gerichte sehr streng. Wer nicht sicher ist, ob er klagen will, sollte nicht unterschreiben.

Bleiben oder gehen?
Verhaltensbedingte Kündigungen sind oft die Folge von Konflikten am Arbeitsplatz. Deshalb wollen die Arbeitgeber die Gekündigten oft freistellen – vor Ablauf der Kündigungsfrist. Das geht, auch ohne Zustimmung des Betriebsrats, solange das Gehalt weiter fließt. In der Regel gibt es keine Pflicht, den Gekündigten weiter zu beschäftigen, vor allem nicht, wenn er Außenkontakt hatte und möglicherweise Kunden abwirbt. Auf jeden Fall sollte man sich die Freistellung schriftlich geben lassen und seine Arbeitswilligkeit schriftlich bekunden, rät er. Zwischenzeitlich ist auch sicher, dass Sie in einem solchen Fall keine Probleme mit den Sozialversicherungsträgern bekommen.

Rechtsanwalt und Notar Guido Fuchs
Fachanwalt für Arbeitsrecht