MICHAEL Rechtsanwaelte

OLG Hamburg: Herantreten an Mitarbeiter eines Mitbewerbers unter falschen Namen stellt nicht in jedem Fall einen Wettbewerbsverstoß dar

In seinem Urteil vom 03.04.2008 – Az. 3 U 282/06 hat das Hanseatische OLG entschieden, dass das Herantreten an Mitarbeiter eines Mitbewerbers unter falschen Namen und das dabei erfolgende Fragen nach Informationen über Preise neuer Geräte und nach weiteren Einzelheiten nicht in jedem Fall eine gezielte unlautere Behinderung i.S.v. § 4 Nr. 10 UWG darstelle.
Gemäß § 4 Nr. 10 UWG handelt unlauter im Sinne von § 3 UWG insbesondere, wer Mitbewerber gezielt behindert. Die Frage nach Preisen und weiteren Einzelheiten (wie etwa technische Informationen der Produkte) stellt keine kundenbezogene Behinderung dar. Auf die Kunden der Klägerin wird insoweit kein Druck ausgeübt, eine Täuschung der Kunden steht nicht in Rede, auch nicht eine sonst unangemessene unlautere Einflussnahme auf jene.

Ein Verstoß gegen § 17 UWG durch „unlauteres Auftreten“ würde nur begründet, wenn das Erfragen von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen als Streitgegenstand in Frage käme, was jedoch hier nicht vorlag.

In Betracht käme noch, dass das Vorenthalten von entscheidungserheblichen Informationen, vorliegend durch das Handeln im falschen Namen,als sonstiger unangemessener Einfluss im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG begriffen werden könnte. Allerdings lässt sich aus dieser Norm keine allgemeine Informationspflicht über alle Umstände herleiten, die für eine rationale Nachfrageentscheidung erforderlich sind; deswegen kann der verallgemeinerte Unterlassungsanspruch vorliegend nicht aus § 4 Nr. 1 UWG begründet sein, so das OLG.

Auch könnte eine Wettbewerbshandlung unlauter im Sinne des § 3 UWG sein, die von den Beispielstatbeständen des § 4 UWG nicht erfasst wird. Das würde jedoch voraussetzen, dass das angegriffene Verhalten mit einem den Beispielstatbeständen des § 4 UWG entsprechendem Unwertgehalt den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel zuwiderliefe (BGH GRUR 2006, 1042 Kontaktanzeigen).
Das OLG sieht ein Handeln im falschen Namen seiner Verallgemeinerung nicht als Verstoß gegen § 3 UWG verboten, wenn eben dieses Tun z. B. gegen § 4 Nr. 10 UWG unlauter ist.
Auch im Hinblick auf Art. 7 Abs. 4 lit. b RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken ergäbe sich nichts anderes.

Eine Unzulässigkeit des hier verteidigten Unterlassungsantrages ergibt sich aus folgendem:
Die Verbotsbestimmung: „im falschen Namen unter Vorspiegelung einer Erwerbsabsicht hinsichtlich eines Produkts der Klägerin“ bezieht sich, wie ausgeführt, auf sämtliche Teile des Unterlassungsantrages sowohl betreffend das Herantreten an die genannten Personen als auch bezüglich deren Befragens dabei. Innerhalb dieser Verbotsbestimmung soll, wie ebenfalls bereits ausgeführt, dem Merkmal „unter Vorspiegelung einer Erwerbsabsicht“ eine eigenständige Bedeutung zukommen.

Demgemäß geht es bei dem im Verbotsausspruch umschriebenen äußeren Tun der Beklagten nicht nur um das Herantreten bzw. Befragen der Klägerin unter falschem Namen, sondern auch zusätzlich um das Vorspiegeln einer Erwerbsabsicht, das in seinem äußeren Erscheinungsbild allerdings nicht näher bestimmt wird. Der Unterlassungsantrag ist wegen Unbestimmtheit insoweit unzulässig.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Wendung „unter Vorspiegeln einer Erwerbsabsicht“ auch ein den Verbotsausspruch nur erläuternder Zusatz für das Herantreten an die in Rede stehenden Personen (bzw. deren Befragen dabei) sein könnte, etwa dahingehend, dass ein Handeln im falschen Namen zugleich die fehlende bzw. nur vorgespiegelte Erwerbsabsicht „belege“. So aber will die Klägerin, wie ausgeführt, das beanspruchte Verbot nicht verstanden wissen. Im Übrigen wäre die aufgezeigte Schlussfolgerung nicht
zwingend, weil ein im falschen Namen handelnder Interessent eine Erwerbsabsicht nicht vorspiegeln muss, sondern durchaus ernsthaft beabsichtigen kann, das nachgefragte Produkt auch zu erwerben. Da der Unterlassungsantrag insoweit nicht auf ein konkretes Verhalten abstellt, das eine Erwerbsabsicht vorspiegelt, sondern (neben dem Handeln im falschen Namen) auf das Vorspiegeln selbst, würde ein solches Verbot ganz verschiedene Verhaltensweisen der Beklagten erfassen, die im vorliegenden Rechtsstreit ungeprüft blieben und nur den Eindruck einer vermeintlichen Erwerbsabsicht gemein hätten. Die zu allgemein gefasste Verbotsformel überließe somit die rechtliche Beurteilung künftiger Vorgehensweisen der Beklagten
der Vollstreckungsinstanz. Eine solche Verbotsbestimmung wird daher von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu Recht als zu unbestimmt angesehen und führt zur Unzulässigkeit des Unterlassungsantrages (vgl. für das „Eindruckerwecken“: BGH GRUR 1962, 310 Gründerbildnis).

Quelle: Hanseatisches OLG, Urt. v. 03.04.2008 – Az. 3 U 282/06

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